Region will sich gegen die Ballungszentren behaupten / Testturm und Prüfzentrum: Von "Leuchtturmprojekten" werden Impulse erwartet

Von Corinne Otto

Kreis Rottweil. Seit über den Aufzugstestturm von ThyssenKrupp Elevator in Rottweil geredet wird, ist ein Begriff plötzlich in aller Munde: die "Innovationsachse Stuttgart – Zürich". Darauf soll Rottweil künftig eine herausragende Rolle spielen – im wahrsten Sinne.

Ein 246 Meter hohes Bauwerk, vollgestopft mit allerneuster Aufzugstechnologie, hat zumindest gute Chancen, auf dieser gedachten Linie zwischen den Ballungszentren Stuttgart und Zürich Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Oberbürgermeister Ralf Broß wird denn auch nicht müde, zu betonen, dass die 40-Millionen-Investition von ThyssenKrupp Elevator eine "nachhaltige Stärkung des Wirtschaftsstandorts Rottweil auf der Technologie- und Innovationsachse Stuttgart – Zürich" bedeute.

Hört sich gut an – doch ist diese viel zitierte Achse nur ein gut gewählter Marketingbegriff für Unternehmen und Kommunen entlang der A 81, oder ist zwischen Stuttgart und Zürich tatsächlich geballte Innovation und Technologie zu finden?

Für Gert Kollmer-von Oheimb-Loup, Direktor des Wirtschaftsarchivs Baden-Württemberg, zeichnen sich die Kreise Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar – die gemeinsam die "Gewinnerregion" bilden – durch eine deutlich über dem Landesdurchschnitt liegende, mittelständisch geprägte Industriedichte aus. "Kaum irgendwo in Europa gehören so viele Industrieunternehmen zu den Hidden Champions ihrer Branche", sagt auch Heinz-Rudi Link, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg. Nicht zuletzt macht Tuttlingen auf der Innovationsachse als Weltzentrum der Medizintechnik von sich reden. IMS Gear in Donaueschingen oder Trumpf-Laser in Schramberg-Sulgen sind weitere Beispiele.

Wie Christian Beck, Sprecher der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, betont, erwarte man nun durch die Ansiedlung des ThyssenKrupp-Aufzugstestturms und des Daimler Prüf- und Technologiezentrums in Immendingen, aber auch durch das neue Schwarzwald-Baar-Klinikum weitere wichtige Impulse. Laut IHK-Präsident Dieter Teufel beweisen derartige "Leuchtturmprojekte", dass immer mehr Großfirmen die vom Mittelstand geprägte Region für sich entdeckten. So habe man die Chance, sich auf der Innovationsachse gegen die Ballungszentren zu behaupten.

Das will auch Rottweil, bislang in erster Linie durch seine Historie bekannt: Für Oberbürgermeister Broß bietet dieser Entwicklungskorridor "hervorragende Chancen, um die Wirtschafts- und Lebensqualität bei uns zu stärken". Als Keimzelle der Innovationsachse verbinde man in Rottweil Historie und Innovation. Auch das Kultur-, Bildungs- und Freizeitangebot zähle immer mehr als "softer Standortfaktor", der bei Unternehmensansiedlungen eine Rolle spiele.

Komplettiert wird das Bild der "Innovationsachse" denn auch durch die Bildungseinrichtungen in der Region mit der Dualen Hochschule in Villingen-Schwenningen und der Hochschule Furtwangen mit den Standorten VS und Tuttlingen. Petra Schlitt-Kuhnt von der Handwerkskammer Konstanz weist unter anderem auch auf das Institut für Mikro- und Informationstechnik in Villingen hin, das im Land zu den führenden Forschungs- und Entwicklungsdienstleistern von mikrotechnischen Komponenten und Systemen zählt.

Ein Umfeld, in dem sich ThyssenKrupp Elevator wohlfühlen kann. Wichtiger Faktor für das Unternehmen ist aber vor allem die Nähe zum Stammwerk in Neuhausen auf den Fildern. Dass nun für den Testturm in Rottweil mit Stuttgart und Zürich gleich zwei Flughäfen in Reichweite sind, über die Kunden aus aller Welt anreisen können, um die neusten Aufzugstechnologien zu bestaunen, ist da ein willkommener Nebeneffekt.