Michael Holtmann serviert Hits und Hintergründe. Foto: Schwarzwälder-Bote

Ferienzauber: 750 Besucher feiern am Sonntagabend "Pop und Poesie" im Kraftwerk

Rottweil. Das Konzept ist einfach: Die größten Songs der Pop-Geschichte, serviert von einer guten Band, moderiert von einem legendären Radiomann, angereichert mit der Information aller Informationen, den Texten in einfach verständlicher Form. Das feiern am Sonntagabend rund 750 Ferienzauber-Besucher.

"SWR 1 Pop & Poesie" heißt das Format, das beim Rottweiler Sommerfestival im Kraftwerk bereits früher für Begeisterung sorgte – und ganz so einfach, wie’s klingt, ist es dann doch nicht. Denn die Radiolegende leidet, kein Geheimnis, seit Jahren an Parkinson, doch hält sich Michael Holtmann damit nur so lange auf, wie’s irgendwie zur Erklärung nötig ist. Er könne putzen, waschen, kochen und staubsaugen, versichert er. Das klingt nett, das gönnt man ihm, auch, dass er’s nicht jeden Tag tun muss, wichtiger aber ist: Das sind genau die Tätigkeiten, in denen die Popsongs die Menschen einholen, sie mitsummen und mitsingen lassen.

Welche Popsongs? Je nach Stimmung. Das gibt es viele. "Alright Now" zum Beispiel, oder, etwas weniger der Zukunft zugewandt, "In the Ghetto", in einer Version zwischen Elvis und Thomas D. mit viel Motown drin. Da läuft die große Party im Kolossaal im Kraftwerk bereits auf Hochtouren. Dass vor ein paar Jahren gerade mal 50 Besucher in den Zauber aus Pop und Poesie eintauchen wollten, mag man da nicht glauben. Und dass im zehnten Jahr, in dem das Programm läuft, neben dem zwischenzeitlich angewachsenen Stammpublikum immer neue Fans den Flirt mit den Säulen der angesagten Radiosender der 1960er- bis 1990er-Jahre wagen, genau so wenig.

Angelegt ist das Programm aber anders. Natürlich gibt es die großen Mitsing-Nummern, das titelgebende "Wish You Were Here" zum Beispiel. Da sind aber auch die Verführungen, denen das Radiopublikum auch beim Konzert nur allzu leicht auf den Leim geht: Es braucht nicht viel, um von den Besuchern im restlos ausverkauften Kraftwerk – für das Holtmann noch eine besondere Liebeserklärung hat – in nach Geschlecht und Lebensalter sortierten Chören hundertstimmig Werbejingles zu feiern. Auch das ist eine Art "Pop-Musik", wie das Experiment zeigt.

Das Intro allerdings geht einen ganz anderen Weg: Schuberts "An die Musik", knapp 200 Jahre alt, eröffnet den Abend, ein Kunstlied, mit nicht mehr so fester Stimme gesungen, eine Melodie, die man vielleicht kennt, ein Text, auf den das Team aufmerksam machen will. Denn in Pop und Poesie zeigen Schauspieler auch die Worte, die mal banal sind, mal einfach schön, mal unvermutet philosophisch. Wer nicht genau hinhören will, für den gibt’s einfach nur mit viel Verve verführerisch servierte Live-Musik – ein Hit-Programm zum Feiern.