Die Idylle im Bockshof sehen die Initiatoren der Bürgerinitiative durch die Hängebrücke gefährdet. Foto: Nädele

Hängebrücke: Gegner kündigen Gründungstermin für eine Bürgerinitiative an. Offener Brief an die Rottweiler.

Rottweil - Jetzt machen die Gegner des Projekts Hängebrücke ernst mit der Ankündigung, eine Bürgerinitiative gründen zu wollen. In einem offenen Brief wenden sie sich mit ihren Argumenten an die Rottweiler.

"Wir sind der Auffassung, dass bei diesem besonderen Projekt Bürger von Rottweil das demokratische Recht haben, über die Zukunft von Rottweil mitzuentscheiden", heißt es in dem Brief, den Winfried Hecht, Gisela Stier und Werner Fischer gemeinsam unterzeichnet haben. Sie befürchten massive Auswirkungen durch die Fußgänger-Hängebrücke vom Berner Feld über das Neckartal bis zur Innenstadt.

Als Argumente führen sie in ihrem offenen Brief ins Feld, dass die geplante Brücke das Landschaftsbild und die Stadtansicht stark beeinträchtigen werde. "Bei erwarteten 400.000 Besuchern und etwa 100 wetterabhängigen Besuchstagen im Jahr ist mit 4000 Besuchern pro Tag zu rechnen", leiten Hecht, Stier und Fischer über zu ihrer Prognose, dass mit der Andockstelle im Bockshof dieser einmalige idyllische Ruheplatz zerstört werde.

Sie erwarten, dass der historische Stadtkern und der Bockshof zum Rummelplatz verkommen. Überdies bringe das zusätzliche Verkehrsaufkommen in der Innenstadt Verkehrschaos mit Lärm und erheblichen Umweltbelastungen mit sich, was die Gesundheit gefährden sowie Hausfassaden schädigen werde. "Die Wohnqualität wird gemindert. Selbst ein erhoffter wirtschaftlicher Zuwachs rechtfertigt nicht die mit der Hängebrücke verbundenen Belastungen für die Bürger dieser Stadt", machen Hecht, Stier und Fischer deutlich, wie ihre Befürchtungen aussehen.

"Die Hängebrücke ist ein Luxusprojekt. Wir brauchen sie nicht", sprechen sich die Gegner des Vorhabens stattdessen für eine nachhaltige wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der Stadt aus, die "den liebenswerten Charme von Rottweil" bewahre.

Nachdem sich im Gemeinderat eine Mehrheit für den geplanten Brückenschlag abzeichnet und auch die Spitze der Stadtverwaltung klar hinter dem Projekt steht, soll nun über ein Bürgerbegehren erreicht werden, dass ein Bürgerentscheid durchgeführt werden muss. Der Rottweiler Gemeinderat hat einen entsprechenden Antrag der SPD-Stadtratsfraktion mehrheitlich abgelehnt.

Für den Donnerstag, 15. September, ist nun ab 19 Uhr im "Allgäustüble" die Gründung einer Bürgerinitiative "Rottweil OHNE Hängebrücke" terminiert, rufen Hecht, Stier und Fischer in ihrem Brief zur Teilnahme auf. Die Initiative solle dann das Bürgerbegehren vorbereiten, mit dem erreicht werden soll, dass ein Bürgerentscheid durchgeführt werden muss.

Zum formalen Gang eines solchen Verfahrens und den rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich Hecht und Fischer am Donnerstagnachmittag bei Bürgermeister Christian Ruf und weiteren Vertretern der Stadtverwaltung Rat geholt. Eine knappe Stunde habe das Gespräch gedauert, berichtet Ruf auf Anfrage. Dabei habe man sich nicht in der Sache ausgetauscht, sondern es sei um eine "wertfreie und neutrale" Beratung gegangen – etwa über die Formulierung der Frage für die Unterschriftensammlung zum Bürgerbegehren oder auch zu den Unterschieden zwischen einem initiierenden und einem kassierenden Bürgerbegehren.

Info: Die Verfahren

Unterschieden wird zwischen einem initiierenden und einem kassierenden Bürgerbegehren. Würde die neue Bürgerinitiative in Rottweil jetzt mit dem Sammeln von Unterschriften gegen den geplanten Bau einer Hängebrücke beginnen, handelt es sich um ein initiierendes Bürgerbegehren, da noch kein Gemeinderatsbeschluss vorliegt. Nebeneffekt: Im Gegensatz zum kassierenden Bürgerbegehren sind die Initiatoren nicht daran gebunden, die notwendige Zahl an Unterschriften innerhalb von drei Monaten zusammenzutragen. Fällt der Gemeinderat allerdings nach dem Start des initiierenden Verfahrens einen Beschluss, wird es damit ein kassierendes Bürgerbegehren und die Drei-Monats-Frist beginnt mit dem Datum der Stadtratsentscheidung.

Aktuell (Stand: 8. September) sind in Rottweil 19 842 Wahlberechtigte registriert. Das Sieben-Prozent-Quorum für das Bürgerbegehren wäre also mit knapp 1390 Unterschriften erreicht. Beim Bürgerentscheid wären dann 20 Prozent der Stimmberechtigten notwendig, um ein Ergebnis zu erhalten, das dem eines Gemeinderatsbeschlusses entspricht, also knapp 3970.