Bühlinger Vereine übergeben Brief an OB und Gemeinderat. Unterschriftenliste zugunsten des Eckhofs.
Rottweil - In Bühlingen sollte sich am Wochenende alles ums Fest am Backhaus drehen. Doch schon jetzt ist klar: Der Eckhof wird allgegenwärtig sein."Wer den Rottweiler Stadtteil schnell kennenlernen will, der geht am besten zum Backhausfest, das immer zu Sommerbeginn stattfindet. Das gibt einen wunderbaren Blick in das Seelenleben der Bewohner preis" – so stand es vergangenen Sommer in unserem Porträt über Bühlingen. Am Wochenende ist wieder Backhausfest. Doch schon jetzt geben die Bühlinger Einblick in ihre Gefühlslage.
"Rettet das Naturwunder Eschachtal!" ist ein Brief überschrieben, den die Vorsitzenden der fünf Bühlinger Vereine unterschrieben und an Oberbürgermeister Ralf Broß und die Fraktionen des Gemeinderats in der Sitzung am Mittwoch übergeben haben.
"Bühlingen und seine Vereine plädieren für den Erhalt es Naherholungsgebietes ›Eschachtal‹ mit seinem Eckhof, in seiner heute bestehenden Form und Nutzung‹", heißt es da. Der letzte Teil des Satzes ist gefettet. Denn: Bisher befindet sich im Eckhof ein Ausflugslokal, das Pächter Armin Daler seit 14 Jahren betreibt. Allerdings gibt es für das städtische Anwesen auch andere Ideen. Die Stiftung "SELBSTentwicklung" mit Sitz in Lackendorf möchte, wie berichtet, im Eck- und im Vaihingerhof eine Privatschule sowie ein Zentrum für Forschung und Fortbildung einrichten.
Das ist den Bühlinger Vereinen nicht geheuer: In ihrem Brief schreiben sie, das Kleinod vor ihrer Haustür dürfe nicht zu einer "Psychofarm" oder "psychologischen Spielwiese" verkommen. Stattdessen wollen sie – als Bürger seien sie schließlich Mitinhaber der Immobilie –, dass das Eschachtal als Ausflugsziel unter allen Umständen erhalten bleibt.
Gerhard Gurreck, Vorsitzender des Gesangvereins, hat den Brief formuliert. Er könne zwar nicht für alle Bühlinger sprechen, sagt er. Doch von den Vereinen im Ort erhält er Zustimmung. Mangels Ortschaftsrat und einem "eigenen" Gemeinderat seien diese wie eine "feste Klammer" für Bühlingen.
Auch außerhalb des Stadtteils schlagen die Emotionen angesichts des drohenden Aus für das Ausflugslokal hoch. Die beiden Rottweilerinnen Eva Zoller und Ursula Wolber etwa wollen sich ein Eschachtal ohne den Eckhof überhaupt nicht vorstellen. Der sei nämlich viel mehr als die Schnitzel, für die er bekannt ist. Die einmalige Wacholderheide mit den Schafen, die Wirtsleute, die Atmosphäre. "Das gehört zu unserer Kindheit", sagt Wolber. Schon als Mädchen sei sie dort gewandert, habe in der Eschach gebadet, und anschließend wurde eingekehrt.
Bis heute zieht es die Frauen in den Eckhof. "Die heimelige Atmosphäre" gefällt Eva Zoller besonders an der Gaststätte. Auch am Mittwochabend waren die beiden dort. Nach der Sitzung im Rathaus, an der sie ebenfalls teilgenommen hatten. In dem Lokal haben sie einen Leserbrief formuliert, in dem sie ihrer Wut Ausdruck verleihen. 58 Menschen haben ihn am Ende unterschrieben, alles Gäste des Eckhofs, längst nicht nur Bühlinger. Dass sie alle einmal keinen Platz mehr dort finden sollen, daran wollen Zoller und Wolber nicht einmal denken. Auch die Existenz der Pächter-Familie sehen sie bedroht. Dazu kommt: Zoller meint, ihr sei es komisch zumute, wenn sie sich das Konzept der Stiftung "SELBSTentwicklung" anschaut. Außerdem fragt sie sich: Wer kann sich die Schule leisten? Ist das Eschachtal am Ende den Reichen vorbehalten?
"Es sollten 1000 Leute unterschreiben", habe einer der Gäste im Eckhof am Mittwoch gesagt, erzählt Ursula Wolber. Mehr als 4500 "Gefällt mir"-Klicks waren es gestern Abend auf der Facebook-Seite "Rettet den Eckhof". Und es kursiert eine weitere Liste: Die Bühlinger Vereine, federführend sind die Musiker, starten eine Unterschriftensammlung für den Erhalt des Eckhofs. Die Liste wird beim Backhausfest ausliegen.
Auch Oberbürgermeister Broß hat sein Kommen zugesagt. Wohl nicht, um einen Einblick ins Seelenleben der Bühlinger zu bekommen. Das dürfte bekannt sein.
Weitere Informationen: Das Bühlinger Backhausfest beginnt am morgigen Samstag um 15 Uhr. Am Sonntag, 30. Juni, geht es ab 10 Uhr weiter. Dieses Jahr wird es erstmals vom Turn- und Sportverein, an der Spitze Simone Effinger, organisiert.
