Die Bürgerinitiative Neckarburg ohne Gefängnis hat mehr als 2000 Unterschriften gegen ein geplantes Großgefängnis gesammelt. (Symbolfoto) Foto: Holbein

Quorum erreicht: Bürgerinitiative gegen Gefängnis hat notwendige Unterschriften für Bürgerbegehren zusammen. 

Rottweil - Während aus Stuttgart zu hören ist, dass die Gefängnis-Entscheidung im Kabinett in dieser Woche noch nicht ansteht, bringen sich Gegner und Befürworter des Neubaus auf dem Esch in Stellung. Die Bürgerinitiative (BI) "Neckarburg ohne Gefängnis" vermeldet am Montag, dass die erforderlichen Unterschriften für das Bürgerbegehren erreicht sind, um einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Der BUND-Regionalvorstand Schwarzwald-Baar-Heuberg reagiert mit einer Stellungnahme zum derzeitigen Planungsstand, die Fachzeitschrift "Der Vollzugsdienst" widmet sich in seiner aktuellen Ausgabe der Abwägung zwischen Esch und Meßstetten.

"Soll auf dem Rottweiler Standort Esch bei der Neckarburg eine Justizvollzugsanstalt (JVA) errichtet werden?" Das ist die Frage, die die BI von den Rottweilern beantwortet haben möchte. Dazu hatte sie am 30. Mai das Bürgerbegehren gestartet. Am Dienstag sollen die Unterschriften von mehr als zehn Prozent der wahlberechtigten Rottweiler an die Stadtverwaltung übergeben werden. Das Wahlamt, heißt es in der Pressemitteilung, müsse dann prüfen, ob das Quorum tatsächlich erreicht ist.

Wie berichtet will die Landesregierung unabhängig davon in den nächsten Wochen die Entscheidung zwischen Meßstetten und Rottweil treffen. Die Bürgerbegehren – auch in Meßstetten werden Unterschriften gesammelt – und gegebenenfalls die Bürgerentscheide sollen zunächst keine weitere Verzögerung mit sich bringen.

Ulrike von Kutzleben-Hausen kommt für den Vorstand des BUND-Regionalvorstandes derweil in einer Bewertung des Rottweiler Standorts zum Schluss, dass das Esch für das geplante große Bauvorhaben nicht geeignet sei. Den geplanten Abstand zu den Schutzgebieten hält der BUND für nicht ausreichend. Es sei nicht damit getan, die Bauanlage nett einzugrünen. Die Schäden seien damit nicht zu mindern, bestenfalls optisch zu kaschieren.

Konversionsflächen müssten in der Bewertung erheblich stärker berücksichtigt werden, hält der Regionalvorstand den Standort Meßstetten für besser geeignet. "Das hätte auch den Vorteil, dass die dortige Region, die in weit höherem Maße als Rottweil vom Bevölkerungsrückgang bedroht ist, sich stabiler entwickeln könnte."

Die Beamten des Strafvollzugs der Landgerichts-Bezirke Hechingen, Rottweil, Waldshut-Tiengen und Konstanz können sich indes schöneres vorstellen, als künftig in ein Großgefängnis Meßstetten zu fahren. Etwa in Rottweil im Gefängnis zu arbeiten. Zu diesem Schluss führt die Untersuchung der Fachgewerkschaft Bund der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), was die Entfernungen zu den beiden möglichen künftigen Dienststellen betrifft.

Demnach käme es für Gefängnismitarbeiter aus dem erweiterten Raum Rottweil durch einen Neubau in Meßstetten zu einer Verdreifachung der Wegstrecken auf bis zu 60, teilweise knapp bis zu 100 Kilometer. Schwieriger stelle sich die Situation für die Bediensteten in Waldshut dar. Während diese derzeit im Schnitt 18 Kilometer bis an die JVA fahren müssten, wären es bis Meßstetten mehr als 130 und bis ins Esch immerhin noch knapp 100 Kilometer.

Alexander Schmid, Vorsitzender der 2500 BSBD-Mitglieder, macht aus einer Umfrage und persönlichen Kontakten eine klare Tendenz aus: Nicht nur wegen der Mehrbelastung durch die längere Anfahrt zur Arbeit sprächen sich die Strafvollzugsbediensteten gegen Meßstetten aus. Auch die weichen Standortfaktoren wie Schulen, Bahnverbindungen, Kultur- und Freizeitmöglichkeiten seien ihnen wichtig. Auch mit Blick auf Neueinstellungen müsse der neue Standort attraktiv sein.

Die Landesregierung hat angekündigt, sich noch im Juli für einen Standort zu entscheiden. "Wir sind im Moment noch in der Abstimmung", sagte gestern Steffen Ganninger, Sprecher des Justizministeriums. Diese Woche steht die Entscheidung also noch nicht auf der Agenda.