Eine Diebesbande aus Rumänien muss sich wegen 30 Straftaten vor dem Gericht verantworten. Foto: dpa

Angeklagte aus Rumänien treibt Geldnot an. Einbrüche auch in Schramberg und Oberndorf.

Kreis Rottweil - Zwei von ihnen sind verheiratet, einer hat zwei kleine Kinder. Das Leben – oder soll man besser sagen: die Suche nach dem großen Geld beziehungsweise nach einem Verdienst, der zum Leben reicht – hat sie durch halb Europa geführt. In Rottweil ist für drei Rumänen nun vorerst Endstation. Hier müssen sie sich seit Montag wegen schweren Bandendiebstahls vor der ersten großen Strafkammer des Landgerichts verantworten.

Zwei der Täter sollen aktiv an den Einbrüchen beteiligt gewesen sein, der dritte soll in 13 Fällen als Fluchtfahrer fungiert und der Bande seine Wohnung in Schramberg zur Verfügung gestellt haben. 30 Straftaten werden der Gruppe insgesamt vorgeworfen. Eine Serie an Diebstählen und Einbrüchen, die sie nach Schramberg, Hausach, Wolfach, Hornberg, Oberkich, Zell am Harmersbach, ja bis nach Engen geführt hat.

Das Muster ist laut Anklageschrift immer dasselbe. Zunächst stehlen die Männer in unterschiedlicher Besetzung ein Auto. Von zwei weiteren Mittätern rumänischer Abstammung ist die Rede. Dieses Auto wird nun ein paar Mal als Tatfahrzeug für Einbrüche benutzt, dann abgestellt und durch ein neues Fluchtfahrzeug ersetzt.

Gaststätten sind das Hauptziel der Bande, doch auch die Stadtwerke in Engen und eine Zahnarztpraxis andernorts bekommen nachts ungebetenen Besuch. Auf dem Lindenhof in Oberndorf erbeutet die Bande 20.000 Euro aus dem Tresor einer Firma.

Zigaretten- und Geldspielautomaten sind Ziel

In den Gaststätten, die die Angeklagten nach eigener Aussage zuvor tagsüber ausgespäht hätten, sind Zigaretten- und Geldspielautomaten das Ziel. Mal brechen sie diese vor Ort auf, mal transportieren sie diese auf nahe gelegene Felder und knacken sie dort. Auch Laptops, Geld aus Bediengeldbeuteln und weitere Wertgegenstände werden mitgenommen. Insgesamt erbeutet die Bande bei ihren Diebeszügen zwischen Oktober 2012 und September 2013 fast 150.000 Euro und richtet mehr als 250.000 Euro Sachschaden an.

Die Sachlage scheint schnell klar an diesem ersten Verhandlungstag. Der Hauptangeklagte (35), dem 28 vollzogene und zwei versuchte Taten zur Last gelegt werden, leugnet nicht. Er versucht vielmehr, die Schuld vom Dritten im Bunde zu nehmen, dem 29-Jährigen, der in Schramberg wohnt und als Fahrer fungiert haben soll.

Der 35-Jährige beginnt zu weinen, als die Sprache auf seine Lebensgeschichte kommt. Geboren in einer rumänischen Kleinstadt, findet er nach Abschluss der Ausbildung keine Arbeit. Er absolviert den Wehrdienst und zieht dann mitsamt Frau und dem kleinen Sohn nach Italien – immer auf der Suche nach einem Job, der zum Leben reicht. Dort lernt er die beiden anderen Angeklagten kennen. Auch sie hat die Arbeitssuche unter anderem nach Italien geführt. 2012 kommt sein zweiter Sohn zur Welt. Der erste leidet an einer Augenkrankheit und droht zu erblinden. Er hätte 2013 operiert werden sollen, doch die Krankenkasse zahlt nicht.

Nun, da der Vater im deutschen Gefängnis sitzt, fehlt der kleinen Familie auch noch seine Unterstützung durch das Geld von den Diebeszügen. Die Frau muss auf den kleinen Sohn aufpassen, findet keine Arbeit und erhält umgerechnet 20 Euro Kindergeld pro Monat – doch schon die Miete für ihre Wohnung kostet 160 Euro.

Der 31-jährige Angeklagte ist seit seiner Jugend glücksspielsüchtig, die Freundin eines weiteren Mittäters arbeitet in einem Bordell. Die Lebensgeschichten, die beim Prozessauftakt ans Licht kommen, sind tragische Beispiele des Versuches, der Armut und Perspektivlosigkeit in Rumänien zu entfliehen. Sie rechtfertigen die 30 Straftaten nicht, doch sie stimmen nachdenklich. Die Verhandlung wird am Montag, 31. März, um 9 Uhr fortgesetzt.