Tourismusfachfrau Lena Gerlich hat sich wissenschaftlich mit dem Turm- und Stadtmarketing befasst. Foto: Schickle Foto: Schwarzwälder-Bote

Lena Gerlich schreibt Abschlussarbeit über Turm, Stadt und wie beide zusammenkommen

Von Verena Schickle

Rottweil. Er stand noch nicht, da machte sie ihn bereits zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Arbeit: Lena Gerlich hat ihre Bachelorthesis über den Aufzugtestturm geschrieben. Darin geht sie der Frage nach, wie sich der neue Riese touristisch in die alte Stadt integrieren lässt.

"Konzept zur Integration des ThyssenKrupp Aufzugtestturmes mit der höchsten Aussichtsplattform Deutschlands in das Tourismus- und Wirtschaftsleitbild der Stadt Rottweil": So lautet der Titel von Lena Gerlichs Abschlussarbeit. Das klingt theoretisch, ist aber das Gegenteil davon. Denn die junge Rottweilerin hat sich dagegen entschieden, auf dem Weg zum Bachelor-Abschluss lediglich Literatur zusammenzufassen. Stattdessen wählte die junge Rottweilerin, die an einer Hochschule in Konstanz Gesundheits- und Tourismusmanagement studiert hat, ein Thema vor ihrer Haustür: den Aufzugtestturm. "Wenn man so verbunden ist mit seiner Stadt, dann ist das ideal", meint sie.

Ihre Idee kam bei der Stadtverwaltung gut an. Drei Monate lang, von November bis Januar, arbeitete sie in Rottweil an ihrer Abschlussarbeit. Der ideale Zeitpunkt, sagt Gerlich rückblickend. Anfang Oktober war der Spatenstich gewesen, die Grundsteinlegung Mitte Dezember. Schon bevor der Riese in die Höhe wuchs, machte sich die damalige Studentin Gedanken, wie Turm und Stadt zu einer Symbiose verschmelzen können – damit der Neubau nicht irgendwann zu einem Parasiten wird, der alle Touristen aus der Innenstadt weglockt. Überhaupt, so Gerlichs Beobachtung, spielt der Tourismus in Rottweil noch keine große Rolle. "Man hat alles, aber weiß es irgendwann nicht mehr zu schätzen." Deshalb fing die 27-Jährige bei den Grundlagen an, analysierte, was Rottweil alles zu bieten hat. Wo kommen die Touristen her, wo gehen sie hin? Welche Türme schauen sie sich an? Und sie stellte fest, dass sich ihre Heimat nicht so leicht mit anderen Städten vergleichen lässt – in Berlin beispielsweise gehen Besucher, die sowieso schon mal da sind, spontan auf den Fernsehturm am Alexanderplatz, sagt Lena Gerlich. "Hier könnte es anders rum sein": Die Besucher kommen wegen des Turms und schauen sich dann noch die Stadt an. Zu übersehen ist der Riese schließlich nicht, erst recht nicht von der A 81 aus, über die unzählige Urlauber Richtung Süden fahren.

Die Aufmerksamkeit der Touristen vom Turm in Richtung Stadt zu lenken, funktioniere am besten über Kommunikation, meint Gerlich. Es ist das Zusammenspiel zwischen Neu und Alt, dem modernen Testturm und der historischen Innenstadt, das für sie den Reiz ausmacht. "Wir müssen anfangen, dieses Spiel zwischen Tradition und Innovation zu nutzen."

Ans Ende ihrer Arbeit stellt die Rottweilerin Handlungsempfehlungen. Eine davon ist, dass Dinge schnell umgesetzt werden müssen. Zum Beispiel die Beschilderung, die inzwischen Besucher zum Turm leitet. Gleichzeitig regt sie an, mehr Stellen zu schaffen in der Wirtschaftsförderung und im Bereich Tourismus. "Für so ein Projekt sind das viel zu wenige Leute." Zumal die Mitarbeiter es längst nicht nur mit der Turmvermarktung zu tun haben. Darüber hinaus regt sie, um Touristen nachhaltig von Rottweil zu begeistern, Veränderungen in der Innenstadt an: einheitliche Ladenöffnungszeiten etwa.

Auch wenn es noch viel mehr zu tun gäbe: Lena Gerlich sieht auch, dass sich etwas bewegt. Der Kubus vor der Kapellenkirche etwa hole den Turm in die Stadt. Und die passenden Liegestühle findet sie gut: "Das ist toll", meint sie, "einfach mal was anderes zu machen."

Tourismus ist ein Wirtschaftsfaktor, von dem alle profitieren können, sagt Lena Gerlich. Er sei wichtig, um die Innenstadt zu erhalten und zu beleben. Dazu müsse der Turm beitragen: "Das ist eine einmalige Chance." Rottweil sollte sie nutzen, findet Lena Gerlich. Auch, damit sie solche Zeilen wie in dem Buch "The Devil Lies in the Detail" nicht mehr lesen muss: Darin reist einer durch Süddeutschland und stellt fest, dass es Städte gibt, die fast keiner kennt, die aber zu den schönsten überhaupt zählen: zum Beispiel Rottweil.