Donnernd wird das neue Jahr im Bockshof empfangen – und das wollen sich auch 2014 viele Menschen nicht entgehen lassen. Foto: Schnekenburger

Neujahrsschießen im Bockshof. Nach der Teilnahme an der Steubenparade ist der Mega-Turm das Ziel. 

Rottweil - Richtig krachen ließ es die Historische Bürgerwehr Rottweil gestern im Bockshof. Zwar nicht jede Salve aus allen dafür vorgesehenen Rohren, dafür bei vergleichsweise angenehmem Wetter dieses Jahr besonders laut.

Verbunden mit dem Gruß ans neue Jahr war natürlich der Rückblick auf das vorangegangene. Und da war die Bürgerwehr selbst Thema. Und zwar einmal als Protagonist, einmal als trotziger Statist, der sich seine traditionelle Aufgabe nicht ausreden lässt und die Initiative ergreift. Doch der Reihe nach.

Zahlreiche Menschen wollten sich das Neujahrsschießen 2014 auf dem früheren Gottesacker nicht entgehen lassen. Das Wetter machte die Entscheidung, den frühen Mittwochnachmittag für einen Freiluft-Termin zu nutzen, leicht. Dass man sich bei diesem Anlass schon mal die Finger in den Handschuhen klammfrieren konnte, war gestern schlicht nicht vorstellbar. Auch den Kanonieren kam das Wetter zupass. Wenn ein Schuss losging, und es gingen fast alle los, dann mit Macht.

Die erste Salve gebührte traditionell Schutzheiligenpatronin Barbara, bevor Peter Seemann, Chef der Truppe, das große Thema 2013 aufgriff: den Testturm. Seine unmissverständliche Botschaft: "Den Bau vom ›Thyssen Mega-Turm‹ finden wir gut." Verbunden ist dieses Bekenntnis mit der Hoffnung, "dass man alle Tücken besteht, und es nicht wie beim Gefängnis-Neubau geht."

Salut Nummer drei gab sich die Bürgerwehr selbst – und einer Veranstaltung, die in Rottweil Hochfest-Charakter hat. Es geht um Fronleichnam und die weithin bekannte Prozession. Diese fiel vergangenes Jahr aus, was nicht nötig gewesen wäre, wie Seemann missbilligend meint. Sektempfang auf dem Münsterplatz statt Prozession bedeutet auch, dass die Station am Altar im Musikpavillon aus dem Programm gestrichen ist. Wann sollte die Bürgerwehr jetzt ihren Fronleichnamssalut schicken? Auf Verdacht habe man geschossen.

Ein bisschen auf Verdacht, so wohl der Verdacht, hat die Stadt auch die Anfangszeit der Sportlerehrung gesetzt und bekannt gegeben und die Gäste dann ungebührlich lange warten lassen – "kein Vorbild für die Sportler", meint Seemann und gibt einen Tipp, wo man sich in Sachen Pünktlichkeit Rat holen kann: Die Narrenzunft stehe bereit. Punkt acht Uhr gehe es "d’Stadt nab".

Großer Anlass, neue Dramaturgie. Die fünfte Salve war eine in ganz eigener Sache. Historische Bürgerwehr Rottweil bei der Steubenparade. Da ließ Seemann die Musketiere schon einmal schießen, bevor die Verse vom denkwürdigen Ereignis berichteten. Während er die Bürgerwehr "mit Fahne, Landsknechtsuniformen und Schützenkitteln" vor dem geistigen Auge der Zuschauer die Fifth Avenue in New York hinunter paradieren ließ, machte sich Hektik bei den Musketieren breit. Erwartet der Chef jetzt eine zweite Salve bei diesem Salut? Dann besonders schnell nachladen. Ob das Pulver aber für alle sechs Saluts reicht? Doch Seemann hat die Sache im Griff, lässt nach der Rede, bei der die Stadt ob ihres Reisezuschusses – "der hat immerhin für den Transport unserer Rottweiler Fahne gereicht" – eine kleine Pfefferladung abbekommt, die kleinen Kanonen schießen.

Dann war’s auch schon fast vorbei. Für die Bürger gab’s den Wunsch für Glück, Gesundheit und Zufriedenheit im neuen Jahr, ans Rathaus die Ermahnung, die Bürger bei Entscheidungen nicht zu vergessen, im Zweifelsfall lieber das Alte Rathaus als leergeräumte Immobilie denn den Eckhof unter der Hand zu verkaufen. Das Finale gehörte "La Sardine", der alten Hochturmkanone, und ihren Schwestern und Cousinen.