Fotos: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder-Bote

Festival schlägt bei Hauser-Stiftung den Bogen von der Deutschen Romantik zum Jazz

Am Samstagabend machte das Schwarzwald-Musikfestival Station in Rottweil. Für das Publikum in der Werkstatthalle der Kunststiftung Erich Hauser hatte sich Intendant Mark Mast den Brückenschlag zwischen deutscher Romantik und Jazz ausgedacht.

Kreis Rottweil. Seit zehn Jahren ist der Landkreis Gesellschafter des Festivals. Zusätzlich zu den in Patenschaft mit Kommunen oder Unternehmen veranstalteten Konzerten gibt es deshalb seither auch ein Konzert in jedem Festival, das unter Patenschaft des Landkreises in Rottweil, Oberndorf oder Schramberg aufgeführt wird. Wobei der Ort durchaus Einfluss auf die Programmgestaltung hat. Die Werkstatthalle des 2004 verstorbenen Stahlbildhauers Erich Hauser lässt mit ihrer Akustik durchaus besondere Konzerte zu. Das macht sich Mark Mast auch in diesem Jahr zunutze und holt den Kammerchor der Bayerischen Philharmonie München nach Rottweil, dazu die Pianisten Henry Bonamy und Martin Kraemer und die Jazz-Sängerin Sonja Lachenmayr.

Letztere fungiert im ersten Block auch als Chorleiterin, die mit Schumanns "Zigeunerleben" den Abend eröffnet. Noch ein bisschen zaghaft agiert das 30-köpfige Ensemble, was sich aber schnell gibt, und so können die Besucher das Spiel der Klangflächen in Wolfram Buchenbergs Satz von "Kein schöner Land" ganz auskosten. Und anschließend gibt Lachenmayr als Solistin in "Time to Leave" eine Kostprobe ihres Könnens – angesichts der Songs, die sie später vortragen wird, ist es nicht mehr. Mit einem dynamisch, gleichwohl fein abgestimmt vorgetragenem Gospel endet der erste Block.

Am Flügel nimmt Martin Kraemer Platz, die Bühne gehört vorläufig ganz Sonja Lachenmayr, die eine Auswahl von Jazzstandards und Balladen präsentiert, bei der sie sich perfekt in Szene setzen kann. Bei den Moderationen ganz nahe am Publikum, im Gesang ganz auf der Bühne, mit weichem Timbre und eleganter Phrasierung, arbeitet Lachenmayr nicht nur die musikalischen Qualitäten der Songs heraus – und wird dabei von Kraemer hervorragend begleitet –, sondern legt auch großes Gewicht auf die Texte. Ob "Cheek to Cheek" als Hommage an Ella Fitzgerald, oder die Ballade "Emily", wo nötig wechselt sie in einen deklamatorischen Vortrag, der genau so weich klingt wie der Gesang. Was sie über die Dynamik gestalten kann, wird beispielsweise in der Filmmusik "Windmills of Your Mind" deutlich, Melodie mit hohem Wiedererkennungswert, Schwerpunkt auf dem Text, am Freitagabend mit eigenem Tempo, eigener Akzentuierung und damit viel Bedeutung für jeden Vers. Irgendwann nimmt das Publikum auch das Angebot an, sich zur Musik ein bisschen zu bewegen. Es muss ja nicht gleich wie in einem alten verrauchten Jazzkeller sein, dessen bild Lachenmayr in den Raum gestellt hat.

Und in so einem hätte Henry Bonamy nach der Pause auch so seine Schwierigkeiten. Jetzt stehen die Zeichen auf Brahms. Ein Capriccio, zwei Intermezzi aus opus 117 und die Ballade aus den "Sechs Stücken", opus 118, hat sich der Pianist ausgesucht. Das knüpft ein bisschen sogar an die Jazz-Songs an. Auch sein Vortrag ist weich, gleichwohl prägnant, luftig, eine Erzählung gewissermaßen über die Stücke. Und mit der Ballade gelingt ihm eine Überleitung zum letzten großen Block des Abends: Brahms’ "Zigeunerlieder" in der Chorfassung. Am Pult ist Mark Mast und holt aus dem Kammerchor noch einmal bemerkenswerte Bilder heraus. Vor allem die scharfen, wild bewegten, auftrumpfenden Lieder bleiben mit ihrem bunten, spiel- beziehungsweise singfreudigen Szenen haften – und die leisen, sensiblen, aus langsamen Akkorden, die große Genauigkeit verlangen, gebauten Lieder.