Manchmal setzt auch das nüchterne Denken gestandener Geschäftsleute aus, wie das Betrugsverfahren in Rottweil zeigt. Foto: SB-Archiv

Dem auf dem Papier reichsten Mann der Welt vertrauen die Leute fast blind: Betrugsverfahren.

Kreis Rottweil - Für ein paar Momente war er ganz oben. Jetzt ist er unten – in Untersuchungshaft. "Da fühlt sich niemand gut", erklärt der 46-Jährige der Großen Strafkammer am Rottweiler Landgericht. Dort muss er sich wegen Betrugs verantworten.

"Kleider machen Leute", heißt es, und heutzutage machen Bankbestätigungen potenzielle Staatsmänner. Es geht um die Kleinigkeit von 700 Milliarden US-Dollar. Nein, kein neuer Rettungsschirm ist das, auch kein neuer Hebel für sinkende Euro-Länder. Es ist die Summe, die auf das auf den deutschen Namen des Mannes umgeschriebene Konto gutgeschrieben werden soll. Und weil man wisse, welch liquide Holding im Hintergrund stehe, habe man keine Not, die Transaktion sofort zu vollziehen. Schreibt die Bank. Punkt. 700 Milliarden US-Dollar erscheinen auf diese Weise auf dem Bildschirm eines altersschwachen Computers in einer bescheidenen Wohnung im Kreis Ludwigsburg. Das ist eigentlich so absurd, dass man an dieser Stelle nicht mehr weiterschreiben müsste: So etwas kann nicht gut gehen. Doch weit gefehlt. Es ging gut. Zumindest eine Zeit lang.

Also weiter. "Angeben" wollte er, seiner nörgeligen Frau zeigen, dass er doch Geld hat, er, der wegen Betrugsdelikten mehrfach Vorbestrafte, der nie einen Schul- oder gar Berufsabschluss gemacht hatte, der sich, um von zu Hause wegzukommen, mit 17 selbst eines Mordes bezichtigte. Er kam damals von zu Hause weg, wanderte 13 Monate in Untersuchungshaft, bis er freigesprochen wurde und wieder zu Hause landete.

Doch irgendwann war's so weit. Da gab es diese Bankbestätigung. Gebastelt hatte sie eine Bekannte am Bodensee, Wahrheitsgehalt gleich null und doch zeigte sie schon Wirkung, als der Mann sie im Beisein seiner damaligen Frau und der Kinder am Computer öffnete. Niemand habe etwas hinterfragt. Man hat es hingenommen, dass er angeblich aus der saudischen Königsfamilie stamme und einen arabischen Namen trage, dass der finanzielle Hintergrund, den ein St. Galler Bankhaus jetzt auf seinen deutschen Namen überträgt, fast eine dreiviertel Billion Dollar wiegt.

Bei dieser Summe setzt das Denken wohl aus. Auf den Augen gestandener Geschäftsleute blinken Dollarzeichen. In diesem Fall Anfang 2009 dürften es auch Vreneli gewesen sein, denn schnell suchte der Mann sein Glück in der Schweiz. Sein Verteidiger machte gestern in einer Erklärung eine einfache Formel auf: "Scheich ist reich", deshalb die Ölmärchen-Biografie aus tausendundeiner Nacht, und "reich" bedeute "Schweiz", das Land, das reich sei, und in dem Geld zähle. So ganz unrecht hat er damit nicht, wie die weitere Geschichte zeigen soll. Bei dieser Summe fragt auch niemand, ob das Geld ist oder Fantasie. Da nimmt sich der Wunsch der Ehefrau nach einer Villa in der Schweiz unverständlich bescheiden aus.

Niemand habe Aufklärung gewollt

Und dann macht er Geschäfte in der Schweiz. Menschen sind ihm zu Diensten, knüpfen Kontakte, schnell wird er im Kanton Thurgau ansässig. Man vereinbart eine Steuerpauschale. Als die Behörde eine höhere will, droht ein Mittelsmann mit Abwanderung. Plötzlich läuft alles. Er wird herumgereicht. Jeder will ein Stück vom Kuchen. Auch der Zürcher Fußballclub Grasshoppers, dem er bis zu 300 Millionen Euro in Aussicht stellt. "Wie im falschen Film" sei er sich vorgekommen. Niemand habe Aufklärung gewollt.

In Rottweil geht es um Geschenke. 20 000 und 200 000 Franken sollen ihm Geschäftspartner in der Überzeugung eines zu erwartenden Investments gegeben haben, "weil das bei den Landsleuten – den Arabern – so üblich sei". Geschäft gab's natürlich keines. Seiner Sekretärin hat er nicht nur den Lohn nicht bezahlt, sondern sich teilweise von ihr aushalten lassen mit dem Hinweis auf baldige Zahlung. Das ist Betrug. Dass er im Internet eine minderwertige Kopie als Marken-Smartphone verkauft hat, auch. Deshalb steht er vor Gericht.