Jeder Griff muss sitzen beim Rettungseinsatz auf der Arbeitsplattform. Mit Hilfe des Krans geht es in die Tiefe. Foto: Bergwacht Rottweil

Für Notfallpatienten geht's am Kran Turm hinunter. Auch an Hängebrücke Einsatz denkbar.

Rottweil - Wer nicht schwindelfrei ist oder gar Höhenangst hat, der dürfte mit dem Rottweiler Aufzugstestturm oder der geplanten Hängebrücke so seine Probleme haben. Für andere bringen die Rottweiler Mammutprojekte willkommene neue Herausforderungen mit sich: Die Mitglieder der Bergwacht Rottweil – Spezialisten für schwieriges Einsatzgebiet – freuen sich über völlig neues Terrain direkt vor der Haustür.

"Wir haben uns gefreut, dass die Hängebrücke nun wirklich kommt", meint Schriftführer Andreas Flad. Ob und wie die Bergwacht dort eventuell zum Einsatz kommt, steht zwar noch nicht fest – Bereitschaftsleiterin Sabine Schlick kann sich aber durchaus vorstellen, dass die Gruppe dort beispielsweise während der Bauarbeiten Hilfe leistet oder an der Brücke schwierige Rettungen übt.

Ganz konkret ist die Bergwacht dafür bereits beim Thyssen-Krupp-Turm gefragt. Die Aktiven übten dort jetzt eine Notfallrettung aus über 200 Metern Höhe. Als Fachrettungsdienst im Landkreis ist die Bergwacht Rottweil für die Höhenrettung sowie die Rettung aus unwegsamem Gelände zuständig. Jetzt probten die Spezialisten am Testturm den Ernstfall.

Zusammen mit dem Unternehmen Taiyo Europe, das mit der Anbringung der Außenhülle am Turm beauftragt ist, wurde ein Konzept zur Rettung eines verletzten Arbeiters erarbeitet und dann umfassend erprobt. Dabei wurde hauptsächlich die Rettung von den beiden mobilen Plattformen geübt, die derzeit am Turm im Einsatz sind. Weil sich diese mit Voranschreiten der Bauarbeiten bewegen, sind sie dauerhaft nur über den Kran erreichbar. "Hierbei entscheidend ist vor allem die Kommunikation mit dem Kranführer, der den Retter sowie den Verletzten ausschließlich durch Anweisungen manövriert", erklären die Rottweiler Bergwacht-Spezialisten.

Bei zu viel Wind Plan B

Befestigt am Kranhaken und mit zunehmender Höhe, bemerkten die Retter schnell, dass sich die Wetterbedingungen am Turm rasch verändern können. Aufkommender Wind und abfallende Temperaturen erschweren nicht nur die Rettungsarbeiten, sondern erhöhen auch das Unfallrisiko für die Arbeiter. "Dies kann sogar dazu führen, dass der Kran ab einer bestimmten Windgeschwindigkeit nicht mehr für eine Rettung genutzt werden kann", berichten die Bergwacht-Mitglieder.

Für diesen Fall wurde eine alternative Vorgehensweise ausgetüftelt: Der Bergretter seilt sich aus einem Fenster des Turms zum Patienten auf die Plattform ab. Dieser wird im Anschluss an die medizinische Versorgung mithilfe eines Seilzugs wieder durch das Fenster in den Turm gezogen und dann nach unten befördert. Bei der Übung beider Rettungsszenarien mimten Mitarbeiter von Taiyo Europe, die auf der Plattform als Industriekletterer tätig sind, die Patienten. Diese können im Notfall auch bereits erste Maßnahmen einleiten, um die Rettung durch die Bergwacht zu erleichtern und zu beschleunigen.

Das beim Turm erforderliche Rettungskonzept konnte durch die Übung umfassend erprobt werden. Interessant war für die Bergretter aber auch der Einblick in die Arbeitsbedingungen auf einer der höchsten Baustellen Deutschlands. Man darf gespannt sein, wie es dann beim nächsten großen Bauprojekt in Rottweil aussieht.