Gut drauf trotz Dienst: Ulrike Lewinski-Papenberg muss das Notarzt-Einsatzfahrzeug lenken. Foto: Bienger

Bereitschaft statt Feuerwerk, Bratpfanne statt Sektglas: Viele haben Dienst, wenn um Mitternacht die Korken knallen.

Rottweil - Im Fonduetopf blubbert’s appetitlich, aus der Stereoanlage tönt Musik, und vor Mitternacht wird der Sekt kalt gestellt: Die Vorfreude auf Silvester dürfte sich bei vielen schon eingestellt haben. Doch nicht jedem ist es vergönnt, den Jahreswechsel so gemütlich zu verbringen.

Während der Himmel draußen von explodierendem Feuerwerk erleuchtet wird, kann es in der Notaufnahme ganz schön turbulent zugehen: Im Krankenhaus muss jeder Handgriff sitzen. Heute ist es ganz besonders stressig.

Dass es in der Silvesternacht mehr zu tun gibt als sonst, daran hat sich Benjamin Bühler längst gewöhnt. Der 31-Jährige ist pflegerischer Leiter der Notaufnahme in der Helios-Klinik Rottweil – und hat, wie schon im vergangenen Jahr, Dienst in der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar, zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens.

"An Silvester arbeiten wir immer zu zweit in der Nachtschicht, nicht, wie sonst, alleine", erzählt Bühler. Kein Wunder: Unfälle mit Feuerwerkskörpern und Böllern, übermäßiger Alkoholkonsum, Verletzungen durch Schlägereien – es ist jedes Jahr dasselbe. Doch Bühler nimmt’s sportlich; er hat sich den Termin freiwillig ausgesucht. "Den Dienstplan mache ich selbst. Einer muss immer in den sauren Apfel beißen, entweder zu Weihnachten oder an Silvester. Ich hatte dafür an Heiligabend frei."

An Heiligabend frei hatte auch Polizeikommissar Ralf Knöllinger. Dafür muss auch er an Silvester "ran". Wenn die Familie sich heute Abend mit Freunden zum Essen trifft, beginnt seine Schicht. "Die sind nicht so begeistert", gibt Knöllinger zu, der gerne dabei gewesen wäre, "auch wenn mir Silvester an und für sich nicht so wichtig ist." Ab 20 Uhr koordiniert Knöllinger von der Rottweiler Polizeidirektion aus seine anderen diensthabenden Kollegen und verteilt die Polizeistreifen gemäß Auftragslage. Bereits sechs Mal musste er in seinem Berufsleben an Silvester arbeiten – erfahrungsgemäß stellt er sich auf mehr Einsätze als üblich ein. "Dann häufen sich vor allem kleinere Streitereien, Sachbeschädigungen und Ruhestörungen", sagt der Polizeikommissar. Er erwartet aber nicht, dass etwas Außergewöhnliches passiert; zumindest war das bisher noch nie der Fall. Dass die Rottweiler sich an das Feuerwerksverbot in der Innenstadt halten werden und die Polizei keine Geldbußen erheben muss, da ist er sich aus seiner Erfahrung heraus sicher: "Die Leute sind da ganz vernünftig", findet Knöllinger.

Nicht nur im Krankenhaus und auf der Polizeiwache ist ganz schön was los in der Silvesternacht. Auch in der Weinstube Grimm in der Rottweiler Innenstadt herrscht Hochbetrieb. Heiß her geht’s vor allem in der Küche, wo Köchin Jasmin Altenburger zusammen mit zwei Kollegen und dem Chef persönlich den Kochlöffel schwingt. "Unser Tag beginnt schon um zehn Uhr morgens, da viele Vorbereitungen zu treffen sind", sagt die 21-Jährige. Zum Jahreswechsel gibt’s für die rund 70 Gäste, die erwartet werden, ein besonderes Menü; Altenburger ist für Vorspeise und Dessert zuständig. Um 22 Uhr macht die Küche zu: "Wenn’s gut läuft, bin ich um 23 Uhr draußen", sagt die Oberndorferin. Ob sie danach noch irgendwo feiern geht, weiß sie noch nicht, das wird spontan entschieden. "Bis ich zu Hause bin und mich hergerichtet habe, ist es wahrscheinlich schon Mitternacht." Dass sie womöglich nicht viel von der Silvesternacht haben wird, findet die junge Frau dennoch nicht so schlimm: "Ich wusste ja, worauf ich mich mit einem Beruf in der Gastronomie einlasse", sagt Altenburger, die schon das dritte Mal am 31. Dezember arbeiten muss. "Und Silvester wird meiner Meinung nach sowieso überbewertet."

Kulinarisch geht’s beim Jahreswechsel auch auf der Rettungswache zu. Dort hat Ulrike Lewinski-Papenberg zusammen mit vier Kollegen Dienst. Der dauert ganz schön lange: Los geht’s um 18 Uhr, Schluss ist erst zwölf Stunden später, um 6 Uhr morgens. Für die Rettungsassistentin ist diese Schicht Premiere: "Ich bin seit 22 Jahren beim Deutschen Roten Kreuz in Rottweil, aber noch nie musste ich vom 31. Dezember auf den 1. Januar arbeiten." Schlimm findet das die 51-Jährige trotzdem nicht: "Klar ist der Jahreswechsel immer ein besonderer Einschnitt, aber ich habe es mir abgewöhnt, gute Vorsätze zu fassen", sagt sie und lacht. "Wenn, dann feier ich Silvester ruhig, ich bin kein Partygänger." Sie hofft natürlich, dass in der Nacht nichts Schlimmeres passiert als sonst, auch wenn sie, ähnlich wie Krankenpfleger Bühler, mit einigen Böller-Verletzten rechnet.

Damit die Nacht nicht ganz so lang wird, feiert Ulrike Lewinski-Papenberg zusammen mit ihren Kollegen auf der Wache – natürlich ganz ohne Alkohol, dafür aber mit einem Salzbraten. Na dann: wohl bekomm’s!