Thyssen-Turm und großer Plan für eine Hängebrücke übers Neckartal: Das liefert guten Gesprächsstoff für Oberbürgermeister Ralf Broß, den FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner und Landtagskandidat Gerhard Aden (von links). Foto: Scheidel Foto: Schwarzwälder-Bote

Wahlkampf: Gestern freute sich der FDP-Landtagskandidat über Rückenwind durch Christian Lindner

Von Winfried Scheidel

Gerhard Aden will es wissen: Die FDP soll in Stuttgart wieder mit einem Landtagsabgeordneten aus dem Kreis Rottweil vertreten sein. Bundesvorsitzender Christian Lindner wollte dafür gestern Rückenwind geben.

Rottweil. Der Gast aus Düsseldorf darf sich bei seinem Besuch auf dem Berner Feld zunächst einiges sagen lassen zu Turmbau und Hängebrücke-Plan in der ältesten Stadt Baden-Württembergs. Der Hinweis auf die spektakulären Projekte ist Wasser auf die Mühlen des FDP-Vormannes der Republik. Nach der Turm-Präsentation im Thyssen-Info-Zentrum kann er eine halbe Stunde später im Hauser-Reisezentrum leicht den Ball aufnehmen zu seinen Vorstellungen von innovativem Wirtschaften auf der Basis von möglichst viel Eigenverantwortlichkeit.

Ein Besucher – Chef eines mittelständischen Unternehmens – ist sich mit Lindner schnell einig, ihm seine Vorschläge zum Abbau von das Betriebsgeschehen stark belastender Bürokratie umgehend zukommen zu lassen.

Gut 100 Besucher sind aufs Berner Feld gekommen, um Adens Stargast das Gehör zu schenken. Schnell ist man bei dem Thema, das derzeit vor allem den Nerv der Bürger trifft. Mit den Ausführungen zu seiner Flüchtlingspolitik scheint Christian Lindner vielen im Saal aus dem Herzen zu sprechen. Angela Merkels Willkommenskultur sieht er zum Scheitern verurteilt. Das von der Kanzlerin Anfang September 2015 gegebene Zeichen einer grenzenlosen Aufnahmebereitschaft sei kontraproduktiv für eine europäische Lösung gewesen. Ein modernes Einwanderungsgesetz müsse es geben, dabei mit der unbedingten Maßgabe, mit den wirklich Bedürftigen solidarisch zu sein, andere aber konsequent abzuschieben. Und: bereits an der deutsch-österreichischen Grenze müssten Flüchtlinge aus sicheren Drittstaaten zurückgewiesen werden. Im Moment "gibt es eine Solidarität nach dem Windhundprinzip".

70 Minuten ist Lindner fast pausenlos am Reden. Immer wieder werfen ihm Zuhörer Bemerkungen entgegen, meist gibt es Beifall für seine Ausführungen. Rhetorisch geschliffenen versucht er – wie es zuvor Landtagskandidat Aden versprochen hat – ein schmackhaftes Menü zum mit "Mehr Chancen durch mehr Freiheit" betitelten FDP-Landtagswahlprogramm zu servieren. Stichworte wie Vorratsdatenspeicherung und Bargeldverbot bei größeren Käufen geißelt Lindner als politische Konzeptlosigkeit. Im Verdachtsfall von Verbrechen brauche es ausreichend Ermittler, vorbeugend das ganze Volk zu kontrollieren, bringe überhaupt nichts.

Heftige Seitenhiebe gibt es auch zur Bildungs- ("das Gymnasium ist in Baden-Württemberg unter Grün-Rot wenig gelitten") und zur Verkehrspolitik ("Verkehrsminister Hermann ist kein Freund des Autos"). Die digitale Infrastruktur mit Breitbandausbau im Land sei gerade noch "auf dem Niveau von Rumänien, bei der Erbschaftssteuer müsse es zum Erhalt der Innovationskraft bei den Mittelständlern nach dem 13. März eine Korrektur geben, gerät der FDP-Chef zwischendurch auch mal kräftig ins Poltern.

Weil ein Thema besonders auf den Nägeln brennt, betont Christian Lindner zum Schluss seines Rottweil-Gastspiels nochmals: Die Flüchtlingspolitik müsse jetzt in deutlich geordnetere Bahnen gelenkt werden.

Lindner warnt davor, dem Nährboden für Rechtspopulismus weiter Nahrung zu geben: "Die AfD" sehnt die Krise herbei. Parteien, die völkisch denken, dürfen keine Macht mehr erlangen."