Geschichte der Stiftskirche St. Mauritius in Rottenburg-Ehingen dargelegt / Eintauchen in die Zeit des Frühmittelalters

Von Angela Baum

Rottenburg. Dompfarrer Harald Kiebler eröffnete am Donnerstag den Geschichtsabend, an dem Professor Franz Quarthal die Stationen der Geschichte der Morizkirche und des Chorherrenstiftes skizzierte. Kiebler freute sich, dass so viele Zuhörer in das Gemeindehaus gekommen waren – hier war kein Platz mehr frei.

Die Morizkirche sei nach ihrer Renovierung ein wahres Schmuckstück der Stadt geworden, so der Dompfarrer, und erstrahle in neuem Glanz. Auch aus kunstgeschichtlicher Sicht sei die Stiftskirche ein Schmuckstück. Hier sei besonders die Grablege der Grafen von Hohenberg zu erwähnen. Kiebler betonte, dass Professor Franz Quarthal ein hervorragender Kenner der Landesgeschichte sei, der zur Morizkirche Bekanntes, Neues und Interessantes zu berichten habe.

Quarthal erklärte zu Beginn, dass es nicht um die restaurierten Fresken gehe, sondern um die Geschichte der Kirche anlässlich der frisch gereinigten Ausmalungen der Kirche. Die Geschichte der Morizkirche sei bislang noch unzulänglich erforscht, viele Erkenntnisse gingen auf den Stiftschronisten Johann Baptist Weittenauer zurück.

Quarthal betonte, dass eine Beschäftigung mit der Frühgeschichte der Morizkirche unweigerlich in die frühmittelalterliche Geschichte des Rottenburger Raumes zurückführe. So liegt die gesamte, vom hohenbergischen Grafen Albrecht II. gegründete mittelalterliche Stadt Rottenburg auf dem Boden der ehemaligen Römersiedlung, von der allerdings im Mittelalter nur ein Viertel der Fläche, nämlich der Teil im Südwesten der heutigen Altstadt überbaut wurde. Auch in Ehingen wurde eine lockere römische Siedlung überbaut.

Anfänge reichen bis in das 6. Jahrhundert

Mutterkirche für den gesamten Rottenburger Raum war zunächst die Pfarrkirche St. Martin im abgegangenen alemannischen Dorf Sülchen. Die Anfänge dieser Kirche reichen bis ins sechste Jahrhundert zurück. Diese Kirche in Sülchen war bis 1471 Pfarrkirche für Rottenburg, bevor das Patrozinium St. Martin und die Pfarrfreirechte auf die Liebfrauenkapelle am Rottenburger Marktplatz übertragen wurden. Zur Pfarrei St. Martin gehörten Seebronn, Wendelsheim, Kiebingen und Rohrhalden.

Ein zweiter wichtiger Platz ist Ehingen mit der Kirche St. Remigius, der heutigen Klausenkirche. Zur Remigiuskirche gehörte der große Pfarrbezirk mit Kalkweil, Niedernau und Weiler sowie die Altstadt oberhalb von Ehingen, die Spitalvorstadt und die Unterwässer. Am Amannhof soll die Pfarreigrenze zwischen Ehingen und St. Martin verlaufen sein. Später wurde sie neu definiert, und verlief dann entlang der westlichen Mauer Sumelocennas.

Auffällig ist insbesondere, dass die Wurmlinger Kapelle ebenfalls ein Remigiuspatrozinium hat. Dies deutet darauf hin, dass zwischen Ehingen und Wurmlingen eine enge Beziehung bestanden haben muss. Bischof Ulrich I. von Konstanz wandelte das Eigenkloster der Konstanzer Bischöfe in ein Augustinerchorherrenstift um, dem er auch Güter in Wurmlingen und Ehingen schenkte.

Morizstift ist am wenigsten erforscht

Später entstand in Ehingen die heutige Morizkirche, die zunächst Chorherrenstift war. Hier sollen Reliquien des Heiligen Maritius lagern. Die Kirche soll aus dem Jahr 1209 stammen. Von dem Reliquienschatz der Kirche und des ehemaligen Stiftes ist heute freilich nur noch wenig übrig.

Dennoch war die Morizkirche lange Zeit ein Wallfahrtsort, weshalb sie auch um ein Joch vergrößert wurde. Eine besondere Rolle kam der Stiftskirche und dem Chorherrenstift während der Reformationszeit zu. Hier waren viele der Chorherren in der Reformationsbewegung aktiv, es wurde hier sogar im reformatorischen Sinn gepredigt.

Noch heute verbindet die evangelische und die Morizgemeinde Vieles, nicht nur während der Renovierung der beiden Kirchen. Unter den Stiftskirchen im hiesigen Raum ist das Morizstift am wenigsten erforscht, obwohl es mit Johann Weittenauer einen passablen Chronisten besaß. Quarthal betonte, dass noch etliche Materialien in Archiven schlummern, die erforscht werden könnten.