Die Gäste, darunter hochrangige Vertreter auch von weit entfernten Ländern, lauschten der Eröffnungsandacht von Wanda Falk. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Kirche: Umgang mit Glaube in Zeiten von Flüchtlingsströmen ist Thema beim Gustav-Adolf-Fest

Von Peter Morlok

Mit einer eher heiter-besinnlichen Festeröffnung startete das landeskirchenweite Gustav-Adolf-Fest, zu dem das Gustav-Adolf-Werk Württemberg (GAW) als Diasporawerk der Evangelischen Kirche und der Evangelische Kirchenbezirk Tübingen in diesem Jahr nach Rottenburg eingeladen hatte.

Rottenburg. Es fand nach immerhin 80 Jahren wieder einmal in der Domstadt statt und Prälatin Gabriele Wulz, die Vorsitzende des GAW, wusste, dass trotz aller ökumenischen Bemühungen eben die Ausrichtung eines solches Fest in der katholischen Hochburg Rottenburg nicht ganz einfach ist. Sie erinnerte gar an ein Gedicht, in dem Sebastian Blau beschrieb, wie den evangelischen Tübingern der Wein mit Rottenburger Neckarwasser verdünnt wurde.

Kritische Worte zu auseinanderstrebenden Tendenzen

Keinesfalls verdünnt wurde der Musikgenuss, der bei so einer Eröffnung nicht fehlen darf, durch die Worte des Interpreten. Pianist Pavel Hatzopoulos bot mit einer kleinen Kostprobe seiner "Gesprächskonzerte", sowohl zu einem Bach-Dokato als auch später bei einem Schubert-Stück so viel Wissenswertes, dass die Musik sich in einer weiteren Dimension als nur im Klang darbot.

Prälatin Wulz durfte dann zu diesem Festakt eine ganze Reihe hochgestellter Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Ländern bei diesem "Familientreffen" begrüßen. Darunter auch Wanda Falk, Direktorin der polnischen Diakonie, die die Andacht im Rahmen dieser Feierstunde hielt. Sie nannte die Begegnung in der Gemeinschaft ein Geschenk, ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Doch fand sie in ihrer kurzen Predigt auch recht kritische Worte zu den auseinanderstrebenden Tendenzen in den Ländern dieser Erde. "Wir wollen versuchen, hier gegenzusteuern, zu verbinden und Brücken zu bauen – aber um unser Geschenk zu bewahren, dürfen wir nicht die Hände in den Schoß legen und nichts tun" mahnte sie eindringlich. Mit dem wohl berühmtesten Kirchenlied, mit "Großer Gott, wir loben dich" ging dieser spirituelle Moment zu Ende.

Danach überbrachte Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher die Großworte der Stadt. Er scherzte anfangs, dass die Besucher trotz des Dauerregens keine Angst vor Hochwasser zu haben bräuchten, wurde aber dann mit der Frage: "Glaube und Staat – wie funktioniert das?" sehr ernst in seinen Betrachtungen.

Gerade in Zeiten, in denen Flüchtlinge mit anderem Glauben und anderen Horizonten unsere Gastfreundschaft einfordern, sei man sehr intensiv mit der Frage konfrontiert, wie man die unterschiedlichen Religionen in ein Staatsgefüge einordnen kann.

Für Neher scheint der Mittelweg anstatt einer rigorosen Trennung der Vernünftigste. Seiner Ansicht nach gehören Moscheen oder andere Glaubenshäuser in die Mitte einer Stadt und nicht raus in die Industriegebiete. "Abschottung und nationalistisches Denken führt nicht zum Erfolg – im Gegenteil." Das Stadtoberhaupt ist sich sicher, dass sinnvoll aufgestellte Hilfe einen nachhaltigen Effekt mit sich bringt. "Die Einstellung ist wichtig – das Gegenüber spürt die Motivation, die man ihm entgegenbringt."

Was Gabriele Wulz spürte, das sei gewesen, dass man in Rottenburg willkommen ist. Meletis Meletiadis, Moderator der Griechisch-Evangelischen Kirche und rühriger Akteur auch während dieser beiden Tage in Rottenburg, macht in einer kurzen Ansprache deutlich, dass die 1,5 Millionen Flüchtlinge, die in den letzten Monaten durch sein finanziell ach so gebeuteltes Land zogen, auch eine gute Chance bieten würden, seinen Glauben zu leben. Selbst dann, wenn der andere Glauben dieser Flüchtlinge oft Angst machen würde. "Jakob sagte: Zeigt euren Glauben in den Taten", und Johannes wird das Zitat "Liebe vertreibt die Furcht" zugeschrieben. Dekanin Elisabeth Hege, quasi die Gastgeberin dieses Treffens, hoffe, dass die Verbindung der Christen, so wie sie dieses Wochenende in Rottenburg stattfand, ein gutes Gegengift gegen Angst und Verblendung ist und dass man mit dem Motto dieses Treffens: "Aus Glauben leben – Grenzen überwinden" die Freiheit und Sicherheit finde, um in der Vielfalt des Miteinanders gemeinsam zu leben.

Die Besucher machten sich dann auf zu einer Entdeckungstour durch die Stadt, während ihre Delegierten sich zu einer Versammlung zusammensetzten. Am Nachmittag standen Foren zu unterschiedlichsten Themen auf dem Programm.