In vorderster Front waren zwar noch einige Plätze frei, gut und gerne 40 Besucher waren es aber trotzdem, die Peter Nagel (links) mit seinen Sebastian Blau-Rezitaten begeisterte. Foto: Ranft Foto: Schwarzwälder-Bote

Mundartabend: Peter Nagel rezitiert Josef Eberle alias Sebastian Blau / Eine Liebeserklärung an die Heimatstadt Rottenburg

Josef Eberle – alias Sebastian Blau – und seine Schwaben, präsentierte der bekannte Mundart-Rezitator und exzellente Kenner des literarischen Eberle-Nachlasses, Peter Nagel aus Rottenburg.

Von Klaus Ranft

Die Leiterin der Rottenburger VHS-Außenstelle in Ergenzingen, Annette Dettling, hatte diesen Auftritt möglich gemacht und freute sich zum einen über die rund 40 Zuhörer, die in den "Bahnhof" gekommen waren und zum anderen, dass Peter Nagel sofort zugesagt hatte.

Nagel, ein waschechter "Rautaburger", der natürlich auch noch die alte "Rautaburger Mundart", wie sie zu Josef Eberles Jugendjahren gepflegt wurde, beherrscht, stellte zunächst einmal die Vita des 1901 in Rottenburg geborenen und 1986 im schweizerischen Pontresina verstorbenen Ehrenbürgers Josef Eberle vor.

Dieser sei im Alter von 19 Jahren relativ arm gegangen und später hundertfacher Millionär geworden, so Nagel. Er erinnerte auch daran, dass die Eberle-Stiftung es jedem Rottenburger möglich mache, ein Jahr lang kostenfrei in Amerika zu studieren. Da Eberle im Dritten Reich infolge seiner Heirat mit einer Jüdin aus Rexingen offiziell nicht schreiben durfte, hab er das unter dem Pseudonym "Sebastian Blau" getan.

Seine über 375 Gedichte seien einzigartig, so Nagel, der Eberle als einen Dichter charakterisierte, der mit wenigen zusammenhängenden Worten mehr sagen konnte, als ein anderer mit mehreren Sätzen. Da Eberles Mutter gewollt habe, dass ihr Sohn spricht "ond et schwätzt" ging es los mit "schwätz au scheener" und weiter mit der wohl bekanntesten Persiflage über Eberles Heimatstadt Rottenburg "Dr heilige Sankt Nepomuk".

Das Gleichnis der Muttersprache

Dieser folgten – natürlich alles auswendig vorgetragen – mit dem Gleichnis der Muttersprache, der "Hoamat", dem "Schtuagater Früchtle", dem "schwäbischa Liebespaar", der "Hauzech", der "Taifete", dem Klassiker "Dr Necker" und "Dr letzte Schwob" weitere Highlights.

Eberle habe damals als Verleger der Stuttgarter Zeitung seinen Sitz in der obersten Etage gehabt – mit freiem Blick zum Regierungssitz, der Villa Reitzenstein, so Nagel. Da der damalige Ministerpräsident Filbinger ein "Badenzer" gewesen sei und daher alles gesprochen wurde, nur nicht schwäbisch, habe Eberle ganz gezielt das Gedicht "Dr letzte Schwob" verfasst und sich damit selbst gemeint.

Mit dem Schutzheiligen der Schwaben, Sankt Ulrich, ging Eberle genau so wenig zimperlich um. Ihm stellte er den "Sankt Grobian" zur Seite, der eine Fülle von Schimpfwörtern beinhaltete. Letztlich schloss der erste Programmteil mit dem legendären Lied vom Gesangverein: "Taifle, Hauzech oder Leich, was mer feiret, dees ischt gleich".

Im zweiten Programmteil entführte Nagel die Besucher in das "katholisch schwarze Rautaburg". Er erläuterte die Redewendungen aus der damaligen Zeit und stellte den Stadtteil "Ehgna" als diesen heraus, in dem das arbeitende Volk gewohnt habe.

Dass Eberle seine Geburtsstadt liebte, kam in vielen seiner Gedichte zum Ausdruck, sei es dr "Rautaburger Wei", "D’ Bürgerwach", "Dr Mesmer", "Dr Zähresbeck" und noch ein paar andere, die Nagel gekonnt rezitierte.

Alle waren sie, obwohl mit einem Schuss Satire versehen, kleine Liebeserklärungen an sein "Rautaburg". Eberle, der in seinem Leben laut Nagel nicht über Gebühr christlich gewesen sei, setzte sich literarisch aber auch mit dem lieben Gott auseinander und natürlich auch mit dem Mesner, der bis in das 20. Jahrhundert hinein oben im Domturm wohnte. Weitere Themen waren die Erbsünde, aber auch die Protestanten. Mit ein paar Lachauszügen von "Sebastian Blaus" Überlieferungen schloss der unterhaltsame und gemütliche Abend.