Interessante Bilder, Gedichte und Geschichten Josef Eberles gab Ursula Kuttler-Merz am Sonntagnachmittag zum Besten, gemischt mit eigenen Gedanken und Erinnerungen. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Ursula Kuttler-Merz führt durch Rottenburg / Kindheit Josef Eberles im Mittelpunkt

Anfang November, strahlender Sonnenschein. Eine Wandergruppe steigt am Rottenburger Bahnhof aus dem Zug und erkundigt sich nach dem Sebastian-Blau-Wanderweg. Bei einer Führung durch die Stadt stand Blaus Kindheit im Mittelpunkt.

Von Annika Rath

Rottenburg. Viele Orte erinnern in der Domstadt an Sebastian Blau, eigentlich Josef Eberle: So etwa die gleichnamige Brüche über den Neckar. Auf ihr steht am Sonntagnachmittag eine Gruppe von rund 20 Personen. Sie lauschen einer Stadtführung von Ursula Kuttler-Merz. Wen hat der Rundgang durch die Domstadt zum Mittelpunkt? Richtig, Josef Eberle. Die Interessierten bekommen Anekdoten und kurzweilige Geschichten aus seinen Kindertagen in seiner Heimatstadt zu hören. Die Stadtführerin hatte den Schriftsteller und Verleger noch persönlich gekannt.

Als Kind lernt er die zweite Frau von König Wilhelm II. kennen

Start der Stadtführung war der Brunnen vor dem Dom. Von dort aus kann nämlich an die Stelle geschaut werden, wo das einstige Geburtshaus stand. "Eigentlich sieht der Marktplatz noch fast genau so aus wie früher, aber ausgerechnet das Geburtshaus von Eberle steht nicht mehr", bedauerte Ursula Kuttler-Merz bei der Begrüßung. Sie zeigte dabei auf das heutige Sparkassen-Gebäude, links vom Rathaus gelegen. "An dieser Stelle stand bis 1953 ein barockes Gebäude, dort wuchs Eberle auf."

Im September 1901 wurde Eberle dort geboren. Die verwitwete Mutter zog ihn gemeinsam mit einer Schwester groß. "Direkt am Marktplatz zu wohnen, das war für die Kinder damals wie auf einem Abenteuerspielplatz", blickte Kuttler-Merz zurück. So hatte der kleine Josef einiges zu beobachten, besonders dann, wenn Wochenmarkt war. Davon handelt auch eines seiner Gedichte, das Kuttler-Merz zum Besten gab. "Eigentlich hatte ich mir ja geschworen, kein schwäbisches Gedicht vorzutragen", schmunzelte sie. Da aber einige Nicht-Rottenburger da waren, änderte sie ihre Pläne kurzerhand um.

Einmal begegnete Eberle in seinen Kindertagen sogar der damaligen Königin Charlotte, der zweiten Frau von König Wilhelm II. Sie hatte im Antiquitätengeschäft seines Onkels Oskar an einem warmen Sommertag einige Dinge erworben. Plötzlich stand sie im kühlen Hausgang, wo Josef gerade mit Mutter und Schwester das schwäbische Vesper verzehrte. Im damaligen Gasthof "Lamm", heute die Marktapotheke, musste der Junge jeden Abend einen Krug Bier für seine Mutter holen. "Und dazu isst dann eines Abends die Gemahlin vom beliebten Wilhelm II. mit den Eberles Kräuterkäse", erzählte Ursula Kuttler-Merz weiter.

Auch im heutigen Kino "Waldhorn" ereignete sich für den jungen Eberle eine unterhaltsame Geschichte. Der Leseverein, in dem er Mitglied war, führte dort jeden Winter ein Theaterstück auf. Im Stück "Aladin und die Wunderlampe" spielte er einen der Zwerge, sein Lehrer den Prinzen. Im gebastelten Drachen wurde eine Rakete versteckt. So sollte das Tier Feuer spucken. Doch leider entzündete sich die Rakete zu früh und brannte ein Loch in die orientalische Pluderhose des Lehrers.

Grundschulzeit in der einstigen Morizschuleverbracht

Von der heutigen Josef-Eberle-Brücke hat man einen Blick auf den Turm der Sankt Moriz-Kirche. In der einstigen Morizschule verbrachte Eberle die Grundschulzeit. Da es eine Fußgängerbrücke über den Neckar damals noch nicht gab, versuchten sich die Schüler häufig im Balancieren über die Furt, einer Untiefe im Flusslauf, über die man gehen konnte.

Einmal ging dies schief. Zuhause bekam Eberle Ärger, doch der Lehrer tat am nächsten Tag, als wäre nichts gewesen. "Viele seiner Erinnerungen an die Kindheit hat er in Gedichten und Geschichten verarbeitet, natürlich auch das Schwäbische", resümierte Ursula Kuttler-Merz. So gab sie immer wieder einen Ausblick auf Eberles Schaffensjahre und sorgte so für einen kurzweiligen Nachmittag.