Seit 1988 steht der alte Farrenstall aus Brittheim im Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck. Nun kamen neue Unterlagen ans Licht. Fotos: Freilichtmuseum Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Museum sucht Spuren der Bewohner

Der Farrenstall aus Brittheim steht seit 1988 im Freilichtmuseum Neuhausen. Vielen ist er wegen der Küferausstellung oder als Veranstaltungsort bekannt. Aber wer war schon einmal in der kleinen Wohnung, die auf der Rückseite besichtigt werden kann?

Rosenfeld-Brittheim/Neuhausen ob Eck. Wer sich die Holztreppe hinaufwagt, findet dort eine winzige Armenwohnung und eine Arrestzelle vor. In den historischen Akten zum Farrenstall ist die Nutzung beider Räume aus dem 19. Jahrhundert gut belegt. Bei der Durchsicht der alten Unterlagen haben die Museumsmitarbeiter jetzt eine Entdeckung gemacht: In der kleinen Wohnung haben um 1947 Heimatvertriebene aus den Ostgebieten gewohnt. Ein einziger Satz weist darauf hin – wer die Bewohner waren und was sie erlebt hatten, ist (noch) nicht bekannt.

Jetzt macht sich das Freilichtmuseum auf Spurensuche, um mehr über die Heimatvertriebenen und ihre Geschichte zu erfahren, denn die Geschichte dieser Menschen wird eher selten aufgearbeitet und erzählt.

"Wir möchten ihre Erfahrungen 2017 in einer Sonderausstellung zum Thema machen. Dazu suchen wir Zeitzeugen, die selbst nach 1945 aus dem Osten in unsere Region geflüchtet sind oder hierher vertrieben wurden", so die Museumsleiterin Almut Grüner. Auch Angehörige von Heimatvertriebenen könnten sich an Erzählungen und Überlieferungen in der Familie erinnern, die mit Flucht und Neuanfang zu tun haben. Aus persönlichen Berichten und Erinnerungsstücken der Zeitzeugen soll die Ausstellung "Angekommen. Angenommen? Heimatvertriebene zwischen Hier und Dort" entstehen.

Viele Menschen im Land haben Wurzeln im Osten

Im Mittelpunkt stehen ihre Erfahrungen vom Ankommen in der Region, von Neuanfang und dem Überwinden von Schwierigkeiten. Zwischen 1943 und 1950, also in nur sieben Jahren, wurden mehr als zwölf Millionen Menschen aus ihrer Heimat ins Gebiet der heutigen Bundesrepublik vertrieben oder flohen vor der Roten Armee. In Baden-Württemberg wurden 1950 bei einer Volkszählung 862 000 Heimatvertriebene gezählt. Heute spricht man davon, dass jeder vierte Baden-Württemberger seine Wurzeln auch im Osten hat.

In der französischen Besatzungszone, zu der auch die heutigen Landkreise Tuttlingen, Reutlingen, Rottweil, Sigmaringen, Tübingen und Konstanz, der Zollernalbkreis und der Schwarzwald-Baar-Kreis gehörten, kamen zunächst geringe Zahlen von Heimatvertriebenen an. Dies änderte sich jedoch in den Folgejahren, sodass bis 1961 ihr Anteil an der Bevölkerung von neun auf 16 Prozent anstieg.

Hinter diesen nüchternen Zahlen stehen individuelle Erfahrungen und Erinnerungen. Darum sucht das Freilichtmuseum nach Zeitzeugen, die über das Erlebte aus dieser Zeit für die Ausstellung berichten können. Erzählungen von Eltern und Großeltern sind genauso interessant und können in die Ausstellung einfließen (auf Wunsch auch anonym, ohne Namensnennung).

Weitere Informationen: Almut Grüner, Telefon 07461/9 26 32 01 oder per E-Mail unter a.gruener@land kreis-tuttlingen.de