Kurt Haug schnitzt unter einem Vordach. Ist es ihm zu kalt, verlegt er die Werkstatt ins Wohnzimmer. Foto: Schwarzwälder-Bote

Schnitzen: Kurt Haug wollte seit Kindertagen Bildhauer werden – als Rentner erfüllt er sich den Traum / Neueste Idee: Brutkästen

Von Roland Beiter

Kurt Haug ist ein bekannter Mann in Rangendingen – auch wenn ihn viele persönlich gar nicht kennen. Doch viele Wanderer und Spaziergänger kennen seine eigenwilligen Schnitzereien und die künstlerisch gestalteten Vogelbrutkästen, denen man im Rangendinger Wald begegnet.

Rangendingen. Kurt Haug ist mittlerweile 74 Jahre alt. Was bedeutet, dass er seit 64 Jahren mit Knüpfel, Hohleisen und Geisfuß arbeitet. Denn als Zehnjähriger hatte er diese Werkzeuge, die noch von seinem Urgroßvater stammen, erstmals zur Hand genommen und damit in der Werkstatt bei seinem Onkel mütterlicherseits, dem Holz- und Steinbildhauermeister Josef Wannenmacher, einem Stück Holz sein erstes Kunstwerk entlockt: ein Stillleben auf einem Holzteller.

Für den Bub war klar, dass er – wie sein Vater –, der nicht aus dem Krieg zurückgekommen war, Holzbildhauer werden würde. Doch 1956, als es Arbeit und guten Lohn zu verdienen gab, "wurden keine Spinner, sondern Junghandwerker gebraucht", erinnert sich Haug. Deshalb machte er eine Ausbildung zum Sanitär- und Heizungsbauer.

Doch die Schnitzerei ließ ihn nicht los, und jetzt, als Rentner, kann er sich endlich seiner Berufung als Holzbildhauer widmen. Hunderte Masken, Figuren, Reliefs und Trophäenschilder für Jäger hat er Holzklötzen abgerungen.

Als Autodidakt hatte Kurt Haug Kurse im Zeichnen und der Bildhauerei besucht und war von Beginn an beim Künstlerstammtisch mit dabei. Für die Narrenzunft Jägi entwarf Haug die Larven des Jägen, der Auchtert-Hexe und der Einzelfigur des Hauburgweible. Seine originellsten Arbeiten allerdings schuf der Bildhauer an meist prominenter Stelle entlang der Wanderwege im Rangendinger Wald. Dort sind sie, eingemeißelt in das Holz von mächtigen Baumriesen, als ein der Vergänglichkeit Preis gegebenes Markenzeichen seiner Kunst.

So werden die Kunstwerke vom Baum als Wunde erkannt und drohen von Rinde überwallt zu werden, oder können einem Sturm zum Opfer fallen. Darin, dass dabei "höhere Mächte" im Spiel sind, sieht sich Kurt Haug in einer Geschichte bestätigt, die er gern erzählt. Vor Jahren hatte er am Wolfentalweg ein Relief mit dem Abbild des Heiligen Sebastian in einen Baumstamm gemeißelt – zu Ehren des mittlerweile verstorbenen ehemaligen Gefängnispfarrers Sebastian Wannenmacher aus Rangendingen. Der habe, nachdem er von dem Bildnis erfuhr, das Kunstwerk seines Namenspatrons damals sogar "eingesegnet", erzählt Haug stolz. Als dann vor drei Jahren ein Gewittersturm über das Wolfental pfiff und mächtige Tannen großflächig umlegte, blieb in weitem Umkreis einzig der Baum mit dem geweihten Abbild des Heiligen stehen.

Geschichten kann Kurt Haug beinahe zu jedem seiner Kunstwerke erzählen – schöne, aber auch traurige. Beispielsweise zum steinernen Christuskopf, den er in einen Buchenstamm auf der Hochburg eingepflanzt hatte und der schon manchen Wanderer zum Innehalten bewegt hat.

Die neuesten Ideen des Holzkünstlers sind seine ausgefallenen Brutkästen für verschiedene Höhlenbrüter des Waldes. Die Idee dazu hatte der einst leidenschaftliche Jäger, als er unter das Podest eines Hochsitzes ein hohles Baumstück hängte, das in der Folgezeit erst von Hornissen, dann von Klaiber, Wendehals und einem Waldkauz als Bruthöhle angenommen wurde.

Prominentestes Beispiel ist der Eulenkasten am Mönchhaus, mit dem Haug zusammen mit Hobbyschreiner Hans Wannenmacher Bruder Eberhard von den Rangendinger Waldbrüdern ein Denkmal setze.

Unter Haugs Händen werden ausgefaulte Äste "zur offenen Gosch", die als Einflugloch für die Höhlenbrüter dienen. Zehn solcher Kästen hängen mittlerweile als "zweckmäßige und nachhaltige Kunstwerke", wie der Schnitzer sie nennt, entlang der Rangendinger Wanderwege, und erfreuen die Menschen. Ganz im Sinne von Kurt Haug, der stolz ist, damit zu einer Bereicherung für die Umgebung seiner Heimatgemeinde beitragen zu können.