Horst Rein steht im DHB-Tor vor der Heimschule des Diasporahauses Bietenhausen. Foto: Beiter Foto: Schwarzwälder-Bote

Ruhestand: Schulleiter Horst Rein verabschiedet sich am Donnerstag vom Diasporahaus in Bietenhausen

"Ich muss schon etwas loslassen." In diesen wenigen Worten steckt viel von dem, was Horst Rein derzeit beschäftigt. Am Donnerstag wird er nach 35 Jahren als Schulleiter im Diasporahaus in den Ruhestand verabschiedet.

Rangendingen-Bietenhausen. 35 Jahre. Nach menschlichem Ermessen sei das ein halbes Leben, sinniert Rein. Und eigentlich seien es sogar 37 Jahre, denn auch sein Referendariat habe er an der Heimschule in Bietenhausen mit Heimleiter Erich Niethammer als Mentor absolviert. Doch dann gab es damals keine freie Stelle, sodass er zuerst ein paar Monate an der Sprachheilschule in Reutlingen unterrichten musste, bevor er dann endgültig nach Bietenhausen zurückkehrte.

"Damals hieß das noch so"

Seinen Zivildienst bezeichnet Horst Rein heute als "wichtigen Beitrag, dass ich das werden wollte, was ich heute bin". Auch diesen durfte er aus Platzmangel nicht in Bietenhausen ableisten, sondern war im Eva ngelischen Kinderdorf in Tuttlingen, wo er für seine Arbeit geprägt und vorbereitet wurde, wie er sagt. In Reutlingen studierte Rein dann "Verhaltensgestörten- und Lernbehinderten-Pädagogik" und kam 1982 als "Sonderschullehrer" ans Diasporahaus. Bezeichnungen und Begriffe, wie man sie sich heute überhaupt nicht mehr vorstellen könne. "Doch damals hieß das noch so", erinnert er sich.

Nicht allein die Begrifflichkeit, auch die Pädagogik und die Einrichtung selbst, an der Horst Rein nach dem Abschied von Erich Niethammer 1988 die Schulleitung übernahm, entwickelten sich weiter. "Am Anfang hatten wir 80 Schüler und 15 Lehrer, heute liegt diese Zahl bei 225 und 54", rechnet er vor.

Das Diasporahaus entwickelte sich vom zentralen Standort in Bietenhausen hinaus in die Fläche. Wohngruppen und Tagesgruppen wurden gegründet, und selbst die Schule blieb durch geänderte pädagogische Ansätze nicht alleiniges Merkmal des Zentrums. Je ein Drittel der Schüler werden mittlerweile in Bietenhausen, an den drei eigenständigen Schulstandorten in Balingen und Rottenburg sowie im Zuge der Inklusion auch an Regelschulen der Umgebung unterrichtet – mit Unterstützung von Lehrkräften der Jugendhilfeeinrichtung, erklärt der Schulleiter.

Was aber bis heute immer blieb, waren die Belastungen, mit denen die Kinder und Jugendlichen in die Einrichtung kommen, wie sich der Schulleiter erinnert. "Bei uns sollen sie lernen, mit ihren Krisen und Brüchen umzugehen". Die Aufgaben der Schule – dem Unterstützen, Begleiten sowie den Kindern ein Gefühl von Halt und Sicherheit zu vermitteln – sieht Horst Rein im DHB-Tor auf dem Karolin-Stifel-Platz vor der Schle, einem Betonkunstwerk, ein versinnbildlichtes Symbol, das alle diese Eigenschaft in sich vereine.

Hoffnung und Zuversicht

"Ich hoffe, dass wir unseren Schülern dies alles mitgeben können, dass sie ihr Leben besser bewältigen können."

Neben seinem Selbstverständnis als Christ zieht sich eine ausgeprägte "diakonische Grundhaltung" durch das Lebenswerk des Pädagogen und Menschen Horst Rein. In ihr habe er die Kraft und Zuversicht gefunden, die jungen Menschen in ihren schwierigen Lebenssituationen so anzunehmen, wie sie sind und sie immer wieder aufs Neue zu begleiten.

"In der Bibel wurde uns Hoffnung und Zuversicht zugesagt" – dies Schülern, Lehrern, aber auch allen Mitarbeitern des Diasporahauses zu vermitteln, sah Horst Rein stets als eine seiner tragenden Aufgaben als Schulleiter.

Deshalb sei er auch dankbar, dass er auf diesem Weg stets eine gedeihliche und sich ergänzende Zusammenarbeit aller Kräfte am Diasporahaus erfahren durfte und schloss dabei ausdrücklich das Diakonische Werk als Träger der Schule mit ein. "Das hat in all den Jahren auch den Kindern und Jugendlichen genützt", ist er sich sicher.

Das "Loslassen" werde ihm zum Glück dadurch erleichtert, dass er in seinen beiden Nachfolgern Marie-Luise Funk und Peter Hund zwei engagierte Pädagogen an der Spitze der Schule sehe, die diese Arbeit sicher sehr gut weiterführen würden, blickt Rein nach vorne.

Nicht ganz aufs Altenteil

Den Blick auf den Ruhestand lässt Horst Rein gemächlich angehen. "Zeit haben" ist eines dieser Dinge, auf die er sich freue, erzählt er. Doch ganz aufs Altenteil möchte er sich nicht zurückziehen. "In Gedanken" könne er sich eine Ausbildung als "ehrenamtlicher Seelsorger" durchaus vorstellen, einer Aufgabe, in der er sich gut aufgehoben fühle.

Denn entsprechend seines Diakoniegedankens hatte der Schulleiter als Laie bis zum letzten Sommerfest vor wenigen Wochen viele Gottesdienste an der Schule mitgestaltet und selbst gehalten. Auch als Vorsitzender des Diakonischen Bezirksausschusses Balingen und als Stellvertreter im Jugendhilfeausschuss des Diakonischen Werks bleibt Horst Rein der Diakonie vorerst erhalten. "Und auch dem Diasporahaus bleibe ich weiter verbunden, keine Frage."