Stadt will Teile der Rotlichtszene bekämpfen

Von Josef Schunder

Stuttgart. Bei den Kommunalpolitikern blinken alle Alarmlampen. Der Grund: Das Rotlichtmilieu greife in Stuttgarts Innenstadt um sich. Die Anzeichen: Prostituierte, die unter schlimmen Bedingungen leben und in Autos nächtigen. Ein Straßenstrich vor einer Schule und einem Kindergarten beim Leonhardsviertel. Käufliche Liebe in einem Hotelbetrieb. Aggressive Zuhälter, die das alte Milieu verdrängen, mit dem die Wohnbevölkerung noch zurecht gekommen sei.

"Da entsteht ein Elendsstraßenstrich", sagt Stadtrat Thomas Adler (Stuttgart Ökologisch Sozial/Linke). Ein starkes Wort, aber ähnliche Bedenken haben auch andere Stadträte und die Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, Veronika Kienzle (Grüne). "Dieses Viertel verkommt", sagt sie. Gemeint sind das Leonhardsviertel und Problemzonen im Bohnenviertel.

Das Sichten von Grundstücksverhältnissen reiche nicht, heißt es im Gemeinderat. Kontrolleure der Stadt müssten ganz nah hingehen. Nun will die Stadt den Auswüchsen tatsächlich entschlossener entgegenwirken.

Drei Gebäude an der Hauptstätter Straße werden, anders als bisher geplant, doch nicht verkauft. Dem Wirtschaftsausschuss des Gemeinderats will die Verwaltung künftig stets mitteilen, wenn es die Chance gibt, ein Vorkaufsrecht wahrzunehmen. Dann sollen die Stadträte beraten können, ob die Stadt das Gebäude kauft – mit dem Ziel, weitere Bordelle zu verhindern. Finanz- und Wirtschaftsbürgermeister Michael Föll (CDU) warnt aber auch vor Illusionen.

Kein Wunder: Nicht einmal eine Vertragsklausel schloss aus, dass in einem früheren Gebäude der städtischen Tochter Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH nach dem Verkauf ein Bordell entstand – illegal. Richter müssen bemüht werden. Zudem könne und dürfe die Stadt nicht Immobilienpreise weit oberhalb des Verkehrswertes bezahlen, wie rotlichtfreundliche Investoren, sagt Föll. Sämtliche Ordnungsbehörden der Stadt müssten ihr Augenmerk auf diese Viertel legen und gut zusammenarbeiten. "Mehr geht nicht", meint Föll. Doch für mehr Kontrolle fehlt es an Mitarbeitern. "Ein Thema für die Haushaltsberatungen", sagt Roswitha Blind (SPD).

Bei der CDU und der FDP weckt all das den Verdacht, dass es der öko-sozialen Mehrheit nicht nur um Verhütung des Missbrauchs von legalen Freiräumen fürs Milieu geht. Wenn man der Prostitution aber den ihr zugewiesenen Bezirk nähme, würde man sie aufs übrige Stadtgebiet verteilen, warnt Joachim Rudolf (CDU). "Um Ausdünnung oder Vertreibung der genehmigten Prostitution geht es aber nicht", versichert Blind.