Briefempfängern waren vierstellige Bargeldbeträge versprochen worden / Abholung am Lahrer Bahnhof scheitert

Von Herbert Schabel

Lahr. Gestern Morgen, gegen 8.50 Uhr vor dem Lahrer Bahnhof: Ein Polizeiwagen fährt vor, die Lahrer Polizisten Siegmund Trahasch und Johanna Hauger steigen aus und gehen gezielt auf vier ältere Menschen zu. Die warten darauf, zu einer Fahrt abgeholt zu werden, bei der ihnen angeblich ein Scheck über mehr als 1000 Euro übergeben werden soll.

Trahasch und Hauger sprechen die Senioren an, erklären ihnen, dass sie abgezockt werden sollen. "Wir können Ihnen die Teilnahme an der Fahrt nicht verbieten, wir wollen Sie aber davor warnen", sagt Hauptkommissar Trahasch zu den Wartenden.

Kurz vor der vereinbarten Zeit um 9 Uhr rollt dann ein Bus mit dem Kennzeichen KUS für den rheinland-pfälzischen Landkreis Kusel an der Gruppe vorbei, doch das betagte Fahrzeug hält nicht an. "Als der Busfahrer den Polizeiwagen gesehen hat, ist er durchgestartet", kommentierte Trahasch trocken.

Die beiden älteren Damen und Herren, die an der Kaffeefahrt teilnehmen wollten, bleiben noch minutenlang unschlüssig an der Haltestelle stehen. "Ich habe wirklich geglaubt, dass ich das Geld bekomme. Der Scheck, der in dem Brief war, sah aus wie eine Lohnabrechnung", sagt ein Mann von Ende 40 bedauernd. Noch vor dem Eintreffen der Polizei habe er aber seine Einladung mit der eines anderen Wartenden verglichen. "Wir sollten beide genau den gleichen Betrag erhalten, da war dann klar, dass es ein Betrug ist."

Eine ältere Dame erklärt, auf das Geld überhaupt nicht gehofft zu haben, "man kriegt ja nichts geschenkt". Sie habe aus bloßer Neugierde teilnehmen wollen.

Hintergrund: Eine angebliche "niedersächsische Treuhand" hatte massenhaft Einladungen zur Auszahlung eines "Treuhandtravelkontos" über 1052,50 Euro verschickt. Die Summe sei zusammengekommen, weil die Angeschriebenen Gewinne oder Werbeprämien diverser Firmen nicht genutzt hätten. Doch weder gibt es eine "niedersächsische Treuhand" noch eine Bank mit Treuhandtravelkonto – bei den Briefen handelte es sich um nichts anderes als Einladungen zu einer Kaffeefahrt (wir haben berichtet).

Trahasch erklärte gestern den Wartenden am Bahnhof, dass sie statt Geld zu erhalten eher Geld loswerden, sollten sie an der Fahrt teilnehmen. "Die Verkäufer bei Kaffeefahrten sind sehr geschickt, die machen Ihnen erst kleine Geschenke und setzen Sie dann unter Druck, damit Sie ein überteuertes Produkt kaufen", sagte der Hauptkommissar zu den Senioren, die versicherten, künftig vorsichtiger bei unverhofften Gewinnversprechen sein zu wollen. Allein die Anwesenheit der beiden Polizisten hat gestern letztlich genügt, um die Organisatoren der Kaffeefahrt am Lahrer Bahnhof zu vertreiben. Jedoch: Die Fahrt hat nichtsdestotrotz stattgefunden. In dem Bus, der am Bahnhof vorbeirollte, saßen etwa 15 ältere Menschen, die wohl zuvor unter anderem in Ettenheim zugestiegen waren. Dorthin waren Briefempfänger aus dem Südbezirk von der "niedersächsischen Treuhand" zur Abholung bestellt worden. Das konkrete Fahrtziel, an dem angeblich die Bargeldbeträge übergeben werden sollten, war den Angeschriebenen nicht mitgeteilt worden.

Die Lahrer Polizei bittet die Bürger übrigens darum, ihr verdächtige Gewinnmitteilungen zu melden, damit sie die Abzocke bei Kaffeefahrten verhindern kann.

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