Der Windstrom von der Küste soll mit Erdkabeln nach Süddeutschland transportiert werden. Das führt zu höheren Kosten und längeren Bauzeiten. Foto: dpa

Bis 2025 müssen die neuen Stromnetze von Nord nach Süd fertig sein. Um die Akzeptanz bei den Bürgern zu erhöhen, sollen überwiegend Erdkabel verlegt werden. Roland Pichler

Berlin - Die Netzbetreiber halten sich an die Vorgaben: Die Stromautobahn Südlink, die von Schleswig-Holstein nach Baden-Württemberg führt, soll möglichst vollständig unter die Erde gelegt werden. Das sehen die Trassenvorschläge der Betreiberunternehmen Transnet und Tennet vor, die jetzt veröffentlicht worden sind. Der endgültige Trassenverlauf steht allerdings noch nicht fest. Die Unternehmen wollen in einem frühen Stadium mit den Bürgern ins Gespräch kommen und danach ihre Vorschläge bei der Bundesnetzagentur einreichen. Wie das Unternehmen Transnet mitteilte, soll der von der Politik festgelegte Vorrang für Erdkabel gelten. Für die Planung wurde festgelegt, dass es kaum Ausnahmen von diesem Prinzip geben soll. Allerdings kann es bei der Umsetzung noch dazu kommen, dass beispielsweise wegen steinigen Untergrunds auf Freileitungen ausgewichen wird. Mit dem Bau der Stromautobahnen soll 2021 begonnen werden. Bis 2025 soll Südlink fertig sein. Die Einhaltung des Zeitplans ist schon deshalb wichtig, weil 2022 die letzten Atomkraftwerke vom Netz gehen soll. Mit den Stromautobahnen soll regenerativ erzeugter Windstrom von der Küste nach Bayern und Baden-Württemberg transportiert werden.

Was bedeutet der Vorrang für Erdkabel?

Die Politik hat nach Interventionen des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) im vergangenen Jahr die Planungen für die Hochspannungsleitungen gestoppt. Grund dafür waren massive Widerstände der Anwohner gegen Freileitungen in der unmittelbaren Nachbarschaft. Seehofer hielt die Anliegen der Bevölkerung für berechtigt und setzte sich für eine neue Planung ein. Er erklärte die „Monstertrassen“ für unerwünscht. Auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) schwenkte auf Erdverkabelung um. Die Bundesregierung argumentierte, dass dies wegen der Widerstände in der Bevölkerung der einzige Weg sei, um den Netzausbau voranzubringen. Bund und Länder verständigten sich darauf, dass Erdverkabelung Priorität haben soll. Bei der Südlink-Leitung handelt es sich um Gleichstrom-Trassen, die sich für eine Erdverkabelung eignen. Bei Wechselstrom-Trassen ist das nicht so einfach möglich.

Welche Kosten kommen auf die Verbraucher zu?

Klar ist, dass die Erdverkabelung um ein Vielfaches teurer ist. Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, rechnet damit, dass die Kosten gegenüber Überlandleitungen um den Faktor drei bis zehn höher sind. Mit der Erdverkabelung werden die Kosten für die Datenautobahn Südlink auf rund zehn Milliarden Euro geschätzt. Ursprünglich sollten die Kosten ungefähr bei drei Milliarden Euro liegen. Das müssen die Stromverbraucher über höhere Netzentgelte bezahlen. Allerdings weisen die Stromnetzbetreiber darauf hin, dass wegen der bestehenden Engpässe beim Netzausbau schon jetzt gewaltige Kosten entstehen. Wenn an einer Stelle im Netz Überlastungen drohen, werden die Kraftwerke vor dem Engpass angewiesen, ihre Einspeisung zu reduzieren. Die Kraftwerke nach dem Engpass müssen dagegen mehr Strom produzieren. Die Fachleute sprechen von sogenannten Redispatch-Kosten, die stark steigen. Im vergangenen Jahr betrugen die Kosten für die Netzeingriffe mehr als eine Milliarde Euro. Der CDU-Abgeordnete Pfeiffer sagte, die Kosten könnten schon in diesem Jahr auf das Doppelte steigen. Bis 2023 sollen es jährlich vier Milliarden Euro sein. Die Mehrkosten für die Eingriffe könnten entfallen, wenn genügend Übertragungsnetze zur Verfügung stehen.

Wie werden die Bürger beteiligt?

Die Netzbetreiber haben jetzt erste Vorschläge für Trassenkorridore vorgelegt. Die Unternehmen setzen auf den Dialog mit den Betroffenen. Bevor die Genehmigungsverfahren starten, sollen die Vorschläge für die Erdkabelleitungen der Bevölkerung vor Ort vorgestellt werden. Die Bürger sollen sich an der Planung beteiligen. Bis Ende November können die Bürger Vorschläge zum Trassenverlauf einreichen. Der Verlauf der Trassenvarianten kann im Internet unter www.transnetbw.de eingesehen werden.

Was heißt das für den Südwesten?

Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ist zufrieden, dass die Netzbetreiber in Baden-Württemberg eine vollständige Erdverkabelung planen. Nach den bisherigen Plänen sei vorgesehen, dass die große Übertragungsleitung Südlink auf einer Länge von 100 Kilometern durch Baden-Württemberg verläuft. Die Leitungen sollten mehr oder weniger parallel zur Autobahn 81 von Grünsfeld an der Grenze zu Bayern bis Großgartach führen, das westlich von Heilbronn liegt. Zur Debatte stehen zwei Leitungsvarianten im Abstand von wenigen Kilometern. Die Erdverkabelung soll bei den Bürgern für mehr Akzeptanz sorgen. Die Landesregierung hofft, dass es mit der Erdverkabelung vielen Bürgern leichter falle, den Netzausbau zu akzeptieren. Die Leitung sei notwendig, um in Deutschland eine sichere Stromversorgung ohne Atomkraftwerke zu gewährleisten, sagte Untersteller.