Ein Korken knallt aus einer Champagne-Flasche. Foto: Imago/Blickwinkel

Und es hat „Plopp“ gemacht: Wenn ein Sektkorken aus der Flasche knallt, laufen faszinierende physikalische Prozesse ab. Wiener Physiker haben dieses Phänomen genauer untersucht und sind zu überraschenden Ergebnissen gekommen.

Physiker erforschen fast alles – vom Allergrößten bis zum Allerkleinsten. Sie beschäftigen sich damit, wie die Welt funktioniert und was sie im Innersten zusammenhält, im ganz Großen wie im ganz Kleinen.

So können Physiker erklären, was genau passiert, wenn ein Buch vom Tisch fällt; wieso Menschen Fahrrad oder Auto fahren können; was passiert, wenn Wasser gefriert oder verdampft oder warum die Erde um die Sonne kreist. Sie untersuchen auch wie Raum und Zeit zusammenhängen.

Und sie geben eine Antwort auf die spannende Frage, warum Sektkorken knallen, wenn man eine Flasche mit Schaumwein aufmacht.

Was erzeugt das Knallen des Sektkorkens?

Wird der Korken gelockert, treibt das komprimierte Gas den Stöpsel mit Druck nach außen. Foto: Imago/Panthermedia

Ein knallender Sektkorkens – auf den ersten Blick scheint diese Phänomen ganz simpel zu sein. In der Sektflasche herrscht hoher Druck. Wird der Korken gelockert, treibt das komprimierte Gas den Stöpsel mit viel Energie nach außen. Dabei entlädt sich der Druck mit einem kräftigen „Plopp“. Der Korken saust davon.

Physik für den Alltag

Und es hat „Plopp“ gemacht: Wenn ein Sektkorken aus der Flasche knallt, laufen mehrere physikalische Prozesse ab. Foto: Lukas Wagner/TU Wien

Wie dieser Knall entsteht und welche physikalische Energie dahintersteckt, haben der Physiker Lukas Wagner von der Technischen Universität Wien und sein Team jetzt in einer Studie („Simulating the opening of a champagne bottle“) mithilfe von praktischen Experimenten und Computersimulationen genauer untersucht.

Und das passiert, wenn Sie die Sektflasche entkorken:

Lockern des Korkens

Schon beim ersten Lockern des Sektkorkens dehnt sich das komprimierte Gas zwischen Korken und der Oberfläche des Flascheninhalts aus und entweicht seitlich am Korken, noch gebremst durch seine Reibung am Flaschenhals.

Druckwelle

Mit 20 Metern pro Sekunde fliegt der Korken davon. Foto: Imago/Blickwinkel

Wenn sich der Korken löst, dehnt er sich urplötzlich aus und erzeugt dadurch eine Druckwelle. „Der Sektkorken fliegt dabei mit einer vergleichsweise geringen Geschwindigkeit davon. Er erreicht vielleicht 20 Meter pro Sekunde“, erklärt Lukas Wagner.

Explosionsartige Gasausdehnung

Das komprimierte Gas erreicht Gechwindigkeiten von 400 Metern pro Sekunde. Foto: Imago//Blickwinkel

Das im Flaschenhals zusammengepresste Gas dehnt sich daraufhin explosionsartig aus, so dass ein Gasstrahl rasant aus der Flasche entweicht. Wagner: „Das Gas überholt den Korken, strömt an ihm vorbei und erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 400 Metern pro Sekunde.“

Mit Überschall aus der Flasche

Das aus der Sektflasche entweichende Gas erreicht Geschwindigkeiten wie ein Überschalljet, der die Schallmauer durchbricht. Foto: Imago/UPI Photo

Da dies schneller ist als die Schallgeschwindigkeit, durchbricht das Gas die Schallmauer. Die vom Gasstrom erzeugte Stoßwelle verursacht das charakteristische Ploppen.

„Dass es beim Ploppen einer Sektflasche tatsächlich zu Überschallphänomenen kommt, war zunächst alles andere als klar“, erklärt Bernhard Scheichl. „Unsere Simulationen zeigen, dass sich das auf ganz natürliche Weise aus den Gleichungen der Strömungsmechanik ergibt.“

Machscher Knoten im Flaschenhals

Eine Mach-Scheibe entsteht beim Durchbrechen der Schallmauer, wie bei diesem Überschallflugzeug. Foto: Imago/Zoonar

Im Flaschenhals entsteht dort, wo sich der Druck abrupt verändert, ein Machscher Knoten - auch Mach-Scheibe genannt. Diese scheibenförmige Zone entsteht durch stehende Wellenmuster, die durch die Wechselwirkung der Stoßwelle mit der umgebenden Luft gebildet werden. Sie sind nach dem Physiker Ernst Mach (1838-1916) benannt, der dieses physikalische Phänomen als Erster beschrieben hat.

„Ganz ähnliche Phänomene kennt man auch von Überschallflugzeugen oder Raketen, bei denen der Abgasstrahl mit hoher Geschwindigkeit aus den Triebwerken austritt“, erläutert der Physiker Stefan Braun. Der Machsche Knoten in der Sektflasche sei allerdings sehr viel kleiner und für das menschliche Auge kaum zu erkennen.

Schockfrost und Trockeneisnebel

Aus einem Glas mit blau gefärbtem Eis steigt Trockeneisnebel auf. Foto: Imago/Wirestock

Das ist aber noch nicht alles. Wenn sich der Druck des komprimierten Gases im Überschallknall entlädt, verändert sich die Temperatur des Gases rapide auf bis zu minus 130 Grad Celsius. „Wenn Gas expandiert, dann wird es kühler, das kennt man von Sprühdosen“, betont Lukas Wagner.

Dieser physikalische Prozess des Schockgefrieren des Gases kann unter Umständen sogar winzige Trockeneis-Kristalle kreieren. „Unterschiedliche Temperaturen führen zu unterschiedlich großen Trockeneis-Kristallen“, sagt Wagner, „die dann Licht auf unterschiedliche Weise streuen. Dadurch entsteht unterschiedlich gefärbter Rauch. Im Prinzip kann man also an dieser Farbe die Sekttemperatur ablesen.“

Info: Sekt oder Champagner?

Schaumweine
Bei allen Qualitätsschaumweinen handelt es sich um zweimal vergorenen Wein mit einem Mindestdruck von dreieinhalb Bar. Das Prickeln entsteht durch die Kohlensäure aus der Gärung. Während Sekt - in Frankreich Crémant, in Spanien Cava, in Italien Spumante genannt - in unterschiedlichen Verfahren hergestellt werden kann, ist für den Champagner die Flaschengärung vorgeschrieben.

Champagner
Vor allem aber darf der markenrechtlich geschützte Name Champagner nur für Schaumweine verwendet werden, bei denen die für die Herstellung verwendeten Grundweine aus der französischen Region Champagne stammen. Für den Sekt ist hingegen kein bestimmtes Anbaugebiet vorgeschrieben.

Rebsorten
Beim sogenannten Rebsortensekt müssen jedoch 85 Prozent der verwendeten Weine aus Trauben der angegebenen Rebsorte wie etwa Riesling stammen. Ist ein bestimmtes Anbaugebiet (b. A.) auf dem Etikett angegeben, müssen alle Trauben von dort kommen. Rebsortensekt ist ähnlich teuer wie Champagner.

Zuckergehalt
Sekt oder Champagner mit der Bezeichnung „trocken“ beziehungsweise „sec“ oder „dry“ enthält bis zu 32 Gramm Restzucker pro Liter. Getränke mit der Bezeichnung „extra trocken“ oder „extra dry“ enthalten bis zu 17 Gramm Zucker. Sekt oder Champagner mit der Bezeichnung „brut“ darf hingegen nur maximal zwölf Gramm Zucker pro Liter enthalten. Zum Vergleich: Trockener Wein hat maximal neun Gramm Restzucker. Wer lieber halbtrockene Schaumweine schlürft, muss mit bis zu 50 Gramm Zucker rechnen - umgerechnet auf eine 0,75-Liter-Flasche sind das gut zwölf Stück Würfelzucker.

Alkoholgehalt
Für Qualitätsschaumweine ist ein Mindestalkoholgehalt von zehn Prozent vorgeschrieben.

Herstellung
Entscheidend für Süße und Aroma ist neben den verwendeten Grundweinen das Herstellungsverfahren. Es gibt die traditionelle Flaschengärung und die Gärung im Tank. Preiswerte Sekte reifen meist im Tank und werden dann umgefüllt - was aber dem Geschmack nicht unbedingt schadet, wie Tests von Verbraucherexperten zeigen. Bei der Flaschengärung erfolgen dagegen alle Schritte wie Gärung, Rütteln und Enthefen in derselben Flasche - sie gilt daher als besonders hochwertig.

Preis
Guter Sekt muss nicht teuer sein. In Untersuchungen der Stiftung Warentest schnitten in der Vergangenheit durchaus auch Sektmarken aus Tankgärung zu einem günstigen Preis gut ab. Gute Sekte aus traditioneller Flaschengärung sind natürlich deutlich teurer.