Mit engagierten und kreativen Mitarbeitern entwickelt die UFT Radebeul neue Produkte. Foto: UFT

Gute Mitarbeiter sind in Krisenzeiten Gold wert. Vorausschauende Unternehmen wappnen sich so gegen das Auf und Ab der Konjunktur.

Wenn der IT-Dienstleister Easysoft neue Mitarbeiter sucht, schickt der Chef eine E-Mail an seine Mitarbeiter. Erst kürzlich hieß es wieder: 'Vielleicht kennt Ihr ja jemand Passendes für uns.' Geschäftsführer Andreas Nau macht bisher gute Erfahrungen mit dieser Form der Mitarbeitergewinnung, weil die Freunde seiner 30 Mitarbeiter gleiche Werte und Einstellungen teilen. Zwar spürt er die gegenwärtige Zurückhaltung angesichts der dräuenden Krise, doch der 42-Jährige aus St. Johann ist zuversichtlich, dass die aktuelle Diskussion um Einstellungsstopp und Kurzarbeit oder Investition in High Potentials ihm in die Karten spielt. Denn seine 30 Mitarbeiter programmieren Software zur Schulungsorganisation und Personalentwicklung. Durch Lizenzverträge ist der Mittelständler abgesichert und unterliegt nicht wie Produktionsbetriebe den starken Marktschwankungen.

Und Nau setzt seit zwei, drei Jahren auf neue Branchen: Als Marktführer in der Gesundheitsbranche - 1150 deutsche Klinken und Schulen verfügen über eine Lizenz - streckt Easysoft seine Fühler in die Industrie und Dienstleistungsbetriebe aus. Für ihn selbst sind Einstellungsstopp oder Kurzarbeit deshalb kein Thema. Im Gegenteil. Für das kommende Jahr ist eine Umsatzsteigerung um 15 Prozent geplant. Entsprechend sucht Nau vier neue Mitarbeiter für Entwicklung, Vertrieb und Schulung. Derartige Geschäftsstrategien gefallen dem Personalguru Jörg Knoblauch: 'Das Einzige, das gegen die drohende Stagnation hilft, ist, mit neuen, verblüffenden Produkten am Markt zu bleiben.' Unternehmen müssten jetzt Mut zu verstärkter Innovation zeigen. Und wer jetzt in hoch qualifiziertes Personal investiere, das ansprechende Produkte entwickle, habe auch in den nächsten Jahren volle Auftragsbücher, so der Mittelstandsberater aus dem schwäbischen Giengen. So brummt es etwa auch in der Produktionshalle der Umformtechnik (UFT) Radebeul: An sieben Pressen wird Aluminium geschmiedet. Die dünnwandigen, geometrisch anspruchsvollen Schmiedeteile gehen an Premiummarken der Automotivbranche, Elektroindustrie oder Medizintechnik. Allein in diesem Jahr wuchs die Mitarbeiterzahl von 103 auf 138.

Die deutschen Unternehmen erhielten im September 3,3 Prozent weniger Aufträge

'Wir sind für 2013 zwar noch nicht ausgebucht', sagt Stephan Schneider, 'aber wir haben viele neue Aufträge akquiriert, die in der nahen Zukunft zum Tragen kommen.' Während die deutsche Industrie mit einem starken Auftragsrückgang kämpft - laut Wirtschaftsministerium erhielten die deutschen Unternehmen im September 3,3 Prozent weniger Aufträge -, ist der geschäftsführende Gesellschafter verhalten optimistisch fürs kommende Jahr. An Einstellungsstopp denkt er nicht. Denn die angestrebten 15 Millionen Euro Umsatz werden bis Jahresende wohl noch erreicht. Im kommenden Jahr soll der Schmiedespezialist nochmals zweistellig auf 17 Millionen Euro zulegen. Doch nach dem schnellen Wachstum der vergangenen Jahre setzt der 56-jährige Ingenieur auf ruhigere Zeiten und Konsolidierung: 'Die neuen Mitarbeiter benötigen ein Jahr, um ihre Aufgaben souverän zu beherrschen.' Das ist umso wichtiger, weil vor allem Zeitdruck und Qualitätsanforderungen seiner Kunden ständig steigen. Die Reifezeit für neue Projekte wird immer kürzer, sehr schnell müssen aus Prototypen Serien mit bis zu 200 000 Teilen werden. Schwierigkeiten sieht Berater Knoblauch für Unternehmen, die stark abhängig sind vom rückläufigen südeuropäischen Raum und vom stagnierenden deutschen Markt. Die im Ifo-Index erfassten Erwartungen der Unternehmen sanken im Oktober zum sechsten Mal in Folge. Der Einkaufsmanagerindex verschlechterte sich ebenfalls. Da auch die chinesische Wirtschaft an Tempo verloren hat, werden wohl Automobilzulieferer Probleme bekommen. Doch grundsätzlich schätzt Knoblauch die Chancen für Intelligenz und Qualität aus Deutschland gut ein: 'Der Export ist nach wie vor beeindruckend.' Dass vorausschauende Planung und Forschung Arbeitsplätze sichern, zeigt das Beispiel von Phoenix Contact.

So entwickelte der weltweit agierende Elektrospezialist aus dem nordrhein-westfälischen Blomberg in der Krise 2009 spezielle Stecker, die die Montage von Fotovoltaikanlagen auf Dächern beschleunigen. 'Kunden wollen auch in der Krise innovative Lösungen', erklärt Gunther Olesch das antizyklische Verhalten des Global Players. Vor allem im Aufschwung war das Unternehmen mit dem richtigen Produkt schon am Markt und machte gute Geschäfte. Angesichts der mauen Konjunktur schließen sich für den Personal-Geschäftsführer deshalb Überlegungen über Kurzarbeit und Einstellung von Fachkräften nicht aus: 'Notfallpläne, die mit Betriebsräten abgestimmt sind, liegen in der Schublade.' So können an einzelnen Standorten die Zeitkonten der Mitarbeiter mit 140 Stunden belastet werden. Damit kann das Unternehmen flexibel auf Krise und Aufschwung reagieren. Die unterschiedlichen Handlungsalternativen müsse man im ruhigen Gewässer aushandeln, so Olesch. Komme das Schiff erst in einen Sturm, sei es viel schwieriger, es zu steuern. Doch die Stärke der deutschen Wirtschaft seien Innovation, Komplexität und Qualität, sagt der 56-jährige Honorarprofessor. Diese Trümpfe dürfe man auch in schwierigen Zeiten nie aus der Hand geben. So liefert Phoenix Contact gegenwärtig Stecker für Elektrobusse nach China.

Denn etwa in Peking oder Schanghai werden die Busse auf Strom umgestellt. So findet das Unternehmen auch als Automobilzulieferer auf neuen Märkten Absatzmöglichkeiten. Auf Wachstum durch qualifizierte Mitarbeiter setzt auch die UFT Radebeul. Die bekommt es unter anderem durch familien- und seniorenfreundliche Personalpolitik. Seine engagierten Mitarbeiter entwickeln neue Techniken, wie sich vorher undenkbare Konstruktionen aus Aluminium schmieden lassen. 'Da nehme ich flexible Arbeitszeiten und dezentrale Arbeitsplätze gerne in Kauf', sagt Schneider, 'das ist eine Frage der Organisation.' Und er klinkt sich auch auf entsprechende Internetforen ein und wirbt dort um 'rückkehrwillige Sachsen'.