Der Portikus am Eingang zum Dätzinger Schloss wurde von Hofarchitekt Thouret geplant und 1912 angebaut. Einst soll dieser Balkon der Lieblingsplatz des Königs gewesen sein. Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder-Bote

Die Böblinger Kreisgemeinde kommt erst 1806 zu Württemberg / Das Schloss wurde 1607 gebaut

Von Hans Schabert

Ostelsheim/Dätzingen. Dass Ostelsheim im 13. Jahrhundert den Herren Balsan und Friedrich von Dätzingen als Lehensherren unterstand, spielte schon bald danach – und heute sowieso – keine Rolle mehr. Die beiden Nachbarorte nahmen historisch ganz unterschiedliche Wege. Das eine Dorf landete im 19. Jahrhundert im Calwer, das andere im Böblinger Oberamt. Diese Bezirksgrenze gilt bis heute.

Die Oberamtsbeschreibung für Calw hält 1850 fest: "An Württemberg scheint Ostelsheim um dieselbe Zeit wie Böblingen, um 1357, gekommen zu sein." Zwar tauchen in der Folge schon 1379 die Herren von Kröwelsau als Lehensnehmer im Ort auf, "doch so, dass die Bewohner Württembergs Leibeigene bleiben sollten".

Im 13. Jahrhundert ging der Besitz von Dätzingen an den Johanniterorden über. Dessen katholisch gebliebener Teil, der Malteserorden, hat sich später nach seinem Zentrum "Malta" benannt. Vom Komtur – Befehlshaber – wurde die Niederlassung (auch Kommende genannt) des Ordens geleitet. Dieser Ritterorden agierte im Mittelalter und auch noch der Frühen Neuzeit in ganz Europa souverän. Zeitweise wurde von einem gemeinsam Kontur von Dätzingen aus, auch der Johanniter-Besitz Rohrdorf im Nagoldtal regiert.

Wer durch Dätzingen fährt, dem entgeht dort das schmucke Schloss nicht. Die ersten derartigen Bauten wurden 1607 durch die Johanniter am Platz ihres Brudererhauses, das bereits 1263 erwähnt wurde, errichtet. Der Ausbau zur vierflügeligen Anlage erfolgte 1733. Das heutige Aussehen entstand zwischen 1810 und 1812. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 hatte König Friedrich I. das Schloss erworben und seinem Günstling Graf Carl Ludwig von Dillen – dem Erbauer der Reha-Einrichtung Quellenhof in Bad Wildbad als Hotel Bellevue – geschenkt. Der Lieblingsplatz des mehrfach anwesenden Königs soll der Balkon auf dem vom Hofarchitekten Thouret angebauten Portikus an der Vorderseite des Schlosses gewesen sein. Dieser prägt mit seinen Säulen auch heute noch das Bild hin zur Durchgangsstraße.

Der Maltesersaal ist der wohl schönste Raum im Schloss. Dieser wurde um 1780 mit zahlreichen Malereien des Spätbarocks von der Mittelmeerinsel Malta geschmückt. Heute wird er für verschiedene Anlässe genutzt: Es finden Konzerte, verschiedenste Veranstaltungen und Feste darin statt. Das Standesamt der Gemeinde Grafenau, die sich 1972 durch Zusammenschluss von Dätzingen und Döffingen bildete, nimmt hier auch Trauungen vor.

u  Im Dätzinger Schloss war im Dritten Reich eine Reichsführerschule untergebracht. Später dienten die Räume als Altenheim. Durch eine Heirat kam es in die Familie von Bülow. Die letzte Besitzerin, Adrienne von Bülow, verkaufte das Anwesen 1961 an die Gemeinde Dätzingen. Das Gebäude beherbergt neben dem Maltesersaal eine Galerie und ein Antiquariat. Außerdem gibt es ein Heimatmuseum. Es hat jeden dritten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet (Telefon 07033 43539). Der Schlossgarten und die Außenanlagen mit dem kleinen Friedhof und Weiher sind ebenfalls sehr eindrucksvoll. Auf dem Bestattungsplatz hat Graf von Dillen seine letzte Ruhe gefunden.