Da die Würzbacher ihre Unabhängigkeit behalten wollten, bildet Obereichenbach heute eine Ausnahme. Foto: Stocker

Terminregelung reicht 40 Jahre zurück. Oberreichenbach wird aufgrund Würzbacher Widerstands zur Ausnahme.

Oberreichenbach/Teinachtal/Schömberg - Es ist kein Zufall, dass 2015 in allen drei Teinachtal-Gemeinden und auch Schömberg Bürgermeisterwahlen stattgefunden haben. Die Häufung beruht auf dem Abschluss der Gemeindereform zum 1. Januar 1975 mittels eines Landesgesetzes.

Vor gut 40 Jahren sollten nach der Zielplanung des Landes viele kleine Dörfer unter neuer kommunaler Ordnung in die Zukunft gehen. Wenn sie sich trotz eines goldenen Zügels nicht freiwillig zusammenfanden, wurden sie in neu gebildeten Gemeinden zwangsvereinigt oder in größere eingegliedert. In der Folge wurden im Jahr 1975 viele Bürgermeister auf die Amtszeit von acht Jahren gewählt. Wenn nicht eine Besonderheit den Chefsessel vorher frei macht, bleibt auch künftig der gesetzliche Ablauf der Wahlperiode – und damit der Urnengang – alle acht Jahre eng beisammen.

Eine Ausnahme macht allerdings die Gemeinde Oberreichenbach. Die Würzbacher fanden sich mit dem Verlust der Selbstständigkeit nicht ohne weiteres ab und zogen vor den Staatsgerichtshof. Deshalb wurde diese Eingliederung erst nach einem bestätigenden Richterspruch am 4. Dezember 1975 rechtskräftig. Der Bürgermeister in der neu gebildeten Kommune konnte mit Dietmar Greif erst danach gewählt werden. Er übernahm das Amt am 1. April 1976. Die fünfte Folgewahl ist daher erst im Jahr 2016.

Dabei war Oberreichenbach die einzige Gemeinde auf der vorderen Enz-Nagold-Platte, die sich am 1. Dezember 1974 gerade noch freiwillig zusammenschloss. Igelsloch und Oberkollbach hatten Mitte 1974 entsprechende Vereinbarungen unterschrieben. Schömberg, zu dem seit 1971 Schwarzenberg gehörte, wurde zusammen mit Bieselsberg, Langenbrand und Oberlengenhardt neu gebildet. Gleiches galt für Neuweiler mit den Vorgängergemeinden Agenbach, Breitenberg, Gaugenwald, Oberkollwangen, Zwerenberg und dem namengebenden Verwaltungssitz.

Auch Bad Teinach, Emberg, Rötenbach, Schmieh, Sommenhardt und Zavelstein sowie Neubulach, Altbulach, Liebelsberg, Martinsmoos und Oberhaugstett wollten dem geldunterlegten Werben des Landes Baden-Württemberg überwiegend nicht nachgeben. Die Städte Bad Teinach-Zavelstein und Neubulach ließen sich erst zwangsweise neu bilden. Überall hatte das Land Anhörungen der Wahlberechtigten angeordnet. Sie fielen meist an den künftigen Verwaltungssitzen zugunsten der Pläne des Innenministeriums aus, während hohe, aber den Gesetzgeber am Ende nicht beeindruckende Nein-Voten in den anderen Dörfern die Regel waren.

Vor den Kadi zog unter den Orten der Enz-Nagold-Platte nur Würzbach. Das reiche Dorf wollte selbstständig bleiben. Bis heute dokumentieren die Würzbacher ihren Unwillen mit einem Gedenkstein neben dem Brunnen im Würzbachta: "Zur Erinnerung an die freie und selbstständige Gemeinde Würzbach – 1190 bis 1975 –, die gegen den Willen ihrer Bürger durch Urteil des Staatsgerichts am 4. Dezember 1975 die Selbstständigkeit verloren hat. Ein blühender Ort wurde zwangseingemeindet. Wo bleiben Vernunft und Gerechtigkeit?"