Im Gespräch über die Herausforderungen und Chancen einer "reiferen" Gesellschaft (von links): Winfried Halusa, Wolf-Rüdiger Michel, Roland Sing, Armin Schulz, Ralf Ulbrich und Peter Hirsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Kreisseniorentag: Bild der Älteren in Gesellschaft wandelt sich / Dialog als Grundlage für Verständnis

"Das neue Bild des Alters – bürgerschaftliches Engagement und Selbstbestimmung": So lautete das Thema des Kreisseniorentags in Oberndorf. Dabei wurde deutlich, wie wichtig der Dialog zwischen den Generationen ist.

Kreis Rottweil. Das Bild des Alters in der Gesellschaft habe sich verändert, erklärte Winfried Halusa, Vorsitzender des Kreisseniorenrats, in seiner Begrüßung. Jahrzehntelang sei es "defizitorientiert" gemalt worden. Sprich: Was können alte Menschen alles nicht mehr? "Heute richtet sich der Blick mehr und mehr auch auf die Potenziale des Alters." Genau da setzte der Kreisseniorentag am Samstagvormittag in der ehemaligen Augustiner-Klosterkirche in Oberndorf an.

Bürgerschaftliches Engagement und Selbstbestimmung sind die zentralen Punkte, wenn es um die Senioren von heute geht. Zum einen ist die Gesellschaft darauf angewiesen, dass sich die ältere Generation mit ihren Erfahrungen und ihrer freien Zeit einbringt. Zum anderen wollen Ältere so lange wie möglich selbstständig zu Hause leben. Halusa ist sich sicher: Die Attraktivität einer Gemeinde hängt künftig auch davon ab, ob Senioren sich dort zu Hause fühlen. Deshalb müsse es selbstverständlich werden, eine Anlaufstelle für sie einzurichten.

Der Oberndorfer Gemeinderat wird sich so bald mit dem Thema Seniorenbeauftragter befassen, wie auch Bürgermeister Hermann Acker als Hausherr berichtete. Zudem erklärte er: "Eine Gesellschaft des längeren Lebens ist eine Chance, die es zu nutzen gilt." Auch Landrat Wolf-Rüdiger Michel sprach vom "Potenzial für unser Land".

Im Landkreis Rottweil gibt es den Kreisseniorenplan, der als Handlungsempfehlung dient, um das bürgerschaftliche Engagement und die Seniorenarbeit im Kreis zu vernetzen. Vernetzung und Dialog sind zwei Begriffe, die zusammengehören. Genau wie Jung und Alt für Michel zusammengehören. "Wir sitzen generationenübergreifend in einem Boot", erklärte er. Man solle sich davor hüten, Jung und Alt gegeneinander auszuspielen.

Dies ist auch für Roland Sing, den Vorsitzenden des Landesseniorenrats, entscheidend. Er ging in seinem Vortrag auf die Grundsatzfragen einer alternden Gesellschaft ein. Diese sei "eine Herausforderung. Aber sie ist auch eine Chance." Denn vom Engagement der Älteren profitieren nicht zuletzt sie selbst. "Mir wäre furchtbar langweilig, wenn ich mich nicht ehrenamtlich engagieren würde", berichtete der frühere Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg. Darüber hinaus sei Seniorenarbeit "generationenübergreifendes Handeln". Als Beispiel nannte er barrierefreie Bahnhöfe. Der Aufzug, für den sich Senioren einsetzen, komme nicht nur älteren Nutzern zugute, sondern auch Müttern mit Kinderwagen. Überhaupt gehören für ihn Mobilität sowie das Wohnen im Alter zu den entscheidenden Themen.

Grenzen sind fließend

Kernstück der Veranstaltung war eine Podiumsdiskussion, moderiert von Armin Schulz, dem ehemaligen Rottweiler Kreisredaktionsleiter unserer Zeitung und jetzigem Pressesprecher der CDU-Landtagsfraktion. Neben Schulz saßen Halusa, Michel, Sing sowie der Deißlinger Bürgermeister Ralf Ulbrich und Peter Hirsch für die Liga der freien Wohlfahrtspflege im Kreis auf dem Podium.

Vom Landrat wollte der Journalist zum Auftakt wissen, welches Gefühl bei ihm beim Gedanken ans Älterwerden überwiege. "Eindeutig Freude gepaart mit Neugier", erklärte Wolf-Rüdiger Michel. Und "natürlich ein ganz kleines bisschen Sorge" – alle wollten alt werden und fit bleiben.

Roland Sing fielen auf Nachfrage etliche Chancen ein, die die steigende Lebenerwartung birgt. Das einzige Risiko, das er sieht: Es gebe derzeit Tendenzen, dass die Gesellschaft auseinander falle. Um dem entgegenzuwirken, kam Sing auf das Thema Dialog zwischen den Generationen zurück. Dieser müsse gepflegt werden. Darin sieht auch Ralf Ulbrich den Schlüssel, warum es in Deißlingen mit der Seniorenarbeit so gut klappt. Zumal es für Ulbrich "die Jungen" und "die Alten" gar nicht gibt. "Die Grenzen sind fließend."

Peter Hirsch, zugleich AWO-Geschäftsführer, brachte die Sichtweise derer, die professionell mit der Versorgung Älterer zu tun haben, in die Diskussion ein. Schon jetzt sei es schwer Mitarbeiter zu finden – eine der Herausforderungen einer alternden Gesellschaft. Eine andere sei, dass alles bezahlbar bleiben müsse. Dass die Politik angesichts steigender Pflegekosten über Steuersenkungen nachdenke, ist für ihn deshalb unverständlich.

Der Dialog auf der Bühne klappte, der Kreisseniorentag hätte allerdings mehr Zuspruch von interessierten Senioren aus dem Landkreis verdient gehabt. Erst recht, weil die Veranstaltung eine gute Gelegenheit bot, nicht nur mit der zahlreich vertretenen politischen Prominenz – darunter CDU-Bundestagsabgeordneter Volker Kauder, sein Landtagskollege Stefan Teufel, etliche Bürgermeister und Sozialdezernent Bernd Hamann – ins Gespräch zu kommen, sondern sich auch über die Angebote für Senioren im Kreis zu informieren. So waren etwa das Schramberger und das Deißlinger Seniorenforum ("Brückenbauer"), das Senioren-Computer-Café Rottweil und der Pflegestützpunkt des Landkreises mit Ständen vertreten. Für den Kunstgenuss sorgte ein Klarinetten-Trio der Karg-Elert-Musikschule in Oberndorf.

Weitere Informationen: www.kreisseniorenrat-rottweil.blogspot.de