Schießübung mit einem Standardgewehr G36. Foto: Burgi

"Stern" meldet Merkwürdigkeiten bei Kunststoffmischung. Unternehmen: Bund war Zusammensetzung bekannt.
 

Berlin/Oberndorf - Die Vorwürfe klingen haarsträubend: Der "Stern" berichtet über einen Manipulationsverdacht beim Standardgewehr der Bundeswehr, dem G36. Der Hersteller, das Rüstungsunternehmen Heckler & Koch (HK) aus Oberndorf, wehrt sich mit scharfen Worten: Von einer "extrem schadensträchtigen strafrechtlichen Dimension" gegen Heckler & Koch ist die Rede und von "falschen Anwürfen und Verdächtigungen".

Darum geht es: Das Magazin "Stern" berichtet, das Wehrwissenschaftliche Institut der Bundeswehr habe laut Prüfbericht des Rechnungshofs Hinweise auf Merkwürdigkeiten entdeckt. "In der Kunststoffmischung der Gehäuse der Seriengewehre ließ sich der Zusatzstoff Polyethylen nachweisen, der die Verformung der heißen Waffe befördern könne." Über eine Treffungenauigkeit hatte zuletzt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) berichtet und die Debatte um das G36 damit erneut in Fahrt gebracht.

In dem Bericht heißt es nun, das von Heckler & Koch gelieferte Vorzeigemodell, "der sogenannte Abnahmedemonstrator aus dem Jahr 1993, mit dem die Bundeswehr von der Alltagstauglichkeit der Waffe überzeugt wurde, enthielt dagegen noch kein Polyethylen". Dieser Kunststoff sei billiger als der Werkstoff Polyamid, aus dem das Gewehr ansonsten besteht.

HK wird damit Manipulation vorgeworfen. Das Unternehmen hat sich sofort nach Veröffentlichung des "Stern"-Berichts eingeschaltet. Die Materialbeschaffenheit des durch die Bundeswehr erprobten Gewehrs HK50 – dieses war laut HK ein Vorläufer des G36 – sei dem Bund "jederzeit bekannt" gewesen. Durch hinterlegte Zeichnungssätze und technische Lieferbedingungen sei die Beschaffenheit "jederzeit und vollumfänglich" mitgeteilt worden. HK spricht von voller Transparenz.

In der Mitteilung heißt es außerdem, der Begriff "Abnahmedemonstrator" sei Heckler & Koch nicht bekannt. "Auch die Ausschreibungsunterlagen der Bundeswehr nennen einen solchen Begriff nicht." Versucht wird, die Begriffe zu klären: Bei einem "Demonstrator" handele es sich um eine prototypähnliche Musterwaffe – in einem sehr frühen Entwicklungsstadium. Dieser "Demonstrator" sei allerdings keine sogenannte "Erprobungswaffe", die meist schon dem Vorserienstand entspreche – wie etwa das HK50 als Vorläufer des G36.

Heckler & Koch sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Alle geforderten Leistungsmerkmale seien immer erfüllt gewesen, zudem seien alle Gewehre durch die Güteprüfstelle der Bundeswehr abgenommen worden. Auch eigene Untersuchungen des Unternehmens hätten keine Mängel beim G36 festgestellt.

Die Oberndorfer Waffenschmiede, nach eigenen Angaben eine international operierende Unternehmensgruppe mit Tochtergesellschaften in den USA, Frankreich und Großbritannien, fürchtet einen massiven Imageverlust. HK droht bei falschen Anschuldigungen rechtliche Schritte an, auch die Durchsetzung des Ersatzes aller entstehenden Schäden.

Die Politik wartet derweil eine neue Untersuchung von Bundesrechnungshof, Fraunhofer Institut und Bundeswehr ab. Diese hatte von der Leyen angeordnet, die abschließenden Ergebnisse werden voraussichtlich noch im April veröffentlicht.