Das Wasserkraftwerk im Teinachtal ging vor gut 100 Jahren in Bau, nachdem die königliche Kreisregierung Reutlingen grünes Licht gegeben hatte. Archiv-Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder-Bote

Neubulach und Zwerenberg trieben Stromversorgung im Calwer Wald voran / Turbinen erst 2003 ausgetauscht

Von Hans Schabert

Neuweiler/Teinachtal. Im Theaterstück "Schnaitbach" im Simmerfelder Festspielhaus wurde den "Strippenziehern" um 1910 – den Anfängen der Stromversorgung – ernsthaft unterstellt, ihre Stromleitungen seien zum Wäsche aufhängen viel zu hoch angebracht. Dass dies gar nicht weit hergeholt ist, belegt eine Anzeige aus dem "Gesellschafter" vom 8. Juli 1911. Diese weist nach, dass in dieser Zeit der erste Strom nach Neuweiler floss. Der "Gemeindeverband Elektrizitätswerk für den Bezirk Calw" (GEC) machte damals bekannt, dass die Hochspannungsleitung Zwerenberg – Neuweiler bereits unter Strom steht. Weiter heißt es darin, "daß jedes Berühren der elektrischen Leitungen wegen der damit verbundenen Lebensgefahr strengstens untersagt ist."

Dass Zwerenberg zu den ersten Gemeinden gehörte, die im Calwer Wald Strom erhielten, ist kein Zufall. Denn Neuweiler profitierte davon. Neubulachs Stadtschultheiß, Friedrich Müller, hatte die Elektrizitätsversorgung vorangetrieben. Seit 1905 hatte er mit den Kollegen aus Altbulach, Gaugenwald, Liebelsberg, Martinsmoos, Oberhaugstett, Stammheim und Zwerenberg dieses Ziel verfolgt. Am 13. Mai 1907 gründeten zunächst 24 Kommunen den GEC in Neubulach. Bald wuchs dieser weit über den Bezirk Calw hinaus. Es folgten zahlreiche Beitritte aus den Oberämtern Freudenstadt, Leonberg, Nagold und Neuenbürg. Im April 1913 wurde aus dem GEC der "Gemeindeverband Elektrizitätswerk Teinach-Station" (GET). Die Stadt Calw beteiligte sich jedoch nicht daran und baute ihre eigene Stromversorgung auf.

Die erste Elektrizität floss 1910 in fünf der Mitgliedsgemeinden. Diese wurde aber noch nicht vom Verband selbst hergestellt, sondern von der "Elektrischen Kraftübertragung Herrenberg" bezogen. Ab 1911 war dann die Versorgung aus dem Teinachtal mittels motorbetriebener Turbinen möglich. Die erste kam im April 1911, eine zweite mit 400-PS-Antieb im Herbst 1911 zum Einsatz. Die Gründer wollten zwar von Anfang an auf Wasserkraft setzen, die zuständige königliche Kreisregierung in Reutlingen – etwa einem heutigen Regierungspräsidium entsprechend – hatte jedoch ihre Bedenken. 1913 konnte dann schließlich der Bau eines Wasserkraftwerks gestartet werden, der 1915 vollendet wurde. Seither wird im Teinachtal auf Markung Altbulach mit Wasserkraft Strom erzeugt. Ein 2111 Meter langer Stollen mit einem Querschnitt von sieben Quadratmetern führt von der Talmühle aus der Nagold den "Treibstoff" heran, der anschließend wieder im Fluss landet. Es genügen zwei Meter Höhenunterschied, um die Turbinen des Laufwasserkraftwerks anzutreiben. Gut 14 000 Kubikmeter Gestein wurden für den von zwei Seiten geführten Bau des Wassertunnels aus dem Berg geschlagen.

Erst 2003 wurden die alten Turbinen von der heute zuständigen EnBW ausgetauscht.