Die Jugendgruppe aus Japan und ihre Begleiter vor dem Hella-Glück-Stollen mit Dolmetscherin Rinko Noda (links) und Jürgen Prchal von der Sportkreisjugend (Dritter von rechts) neben Delegationschef Masaru Itoh. .Fotos: Kraushaar Foto: Schwarzwälder-Bote

Gruppe junger Frauen sowie Männer lernt Bergwerk Neubulach kennen / Deutsch-japanischer Simultanaustausch

Von Albert M. Kraushaar

Neubulach. "Ich war zum ersten Male in so einen Bergwerk. Es war da unten so kalt, dass ich vergessen habe, dass wir Sommer haben", sagte Kota Suzuki. Wie dem 17-jährigen Oberschüler aus der Nähe von Tokio ging es den meisten der Gruppe des 41. deutsch-japanischen Simultanaustausches.

Die jungen Frauen und Männer haben den Unteren Stollen auf der Sohle des Ziegelbachtales besucht.

Jedoch nicht nur zu einem Blick in das Besucherbergwerk, sondern zu einer gut dreistündigen Abenteuer- und Erlebnisführung der Stollengemeinschaft Neubulach im seit 2004 zugänglichen unteren Stollen. Erste ungläubige Blicke gab es, als es darum ging, das eigene Schuhwerk gegen Gummistiefel sowie die Jacken gegen Schutzanzüge zu tauschen. Als jeder noch einen Helm mit Bergmannleuchte verpasst bekam und die Türe nach dem Betreten des Stollens abgeschlossen wurde, war es relativ ruhig in der Gruppe.

Der Grund dafür zeigte sich schon nach wenigen Metern. Ein schmaler, weitgehend naturbelassener Gang mit zehn bis 30 Zentimeter Wasserstand sowie eine totale Finsternis, nur von den Leuchten an den Schutzhelmen gebrochen, taten sich auf. Es gab nichts außer dem Geräusch des schnell fließenden Wassers, das Quietschen der Gummistiefel und das permanente Sickerwassertropfen.

Die Luft war feucht, aber erstaunlich klar. "Konstante sieben bis acht Grad haben wir hier", erklärte Magdalena Reutter. Die ehrenamtliche Helferin aus Oberhaugstett hat Bergwerkserfahrung und auch schon Führungen geleitet. Sie zeigte sich als Schlusslicht dafür verantwortlich, dass niemand aus der Gruppe zu Schaden kam.

Für Riesen oder schwergewichtige Personen ist diese Erlebnistour allerdings kein Vergnügen. Phasenweise kommt man nur im extrem gebückten Gang vorwärts. Ständig schlug der Helm gegen bizarre Felsvorsprünge. Jetzt war auch klar, warum deren Oberseite so zerkratzt war.

Der Aufstieg am Förderschacht hat es in sich, er erfordert Mut und ein Stück weit auch Schwindelfreiheit. Abenteuer pur. Die Atmosphäre wirkte unwirklich, daran änderten auch Zwischenstopps und Erklärungen zur Blütezeit des Bergbaus in Neubulach (14. und 15. Jahrhundert) mit dem Abbau von Erz und Silber nichts. "Ich kann mir nicht vorstellen, wie Menschen damals im Stollen gearbeitet haben", so Kota Suzuki.

"Bis auf die Leitern ist alles wie im Mittelalter. Ausgerüstet mit Hammer und Meißel bestand der Tagesvortrieb aus wenigen Zentimetern", erklärte der Führer. Dolmetscherin Rinko Noda übersetzte seine Ausführungen. Der Rückweg führte die bei Gastfamilien untergebrachten Schüler ans Tageslicht zu einer urschwäbischen Stärkung: Spätzle und Linsen. Anschließend ging es zur Reitanlage sowie zum Einkaufen. "Für Japaner immer ein Riesenspaß", so Magdalena Reutter.

Am Abend wurde das Gekaufte nach deutsch-japanischer Art gekocht und bei einer Sayonara-Party in der Oberhaugstetter Turnhalle auch verspeist.

Nun geht es für die Gruppe noch drei Tage weiter nach Berlin, wo die Schüler einen Einblick in die Regierungsarbeit erhalten. In die Organisation dieser Austauschaktion eingebunden war der Leiter der Sportkreisjugend Calw, Jürgen Prchal. Er wird wohl nach der Abreise der Japaner reif für den Stollen sein. Aber nicht für den Erlebnis- sondern den Ruheraum im Hella-Glück-Stollen.