Heinz-Jürgen Walter setzt die Molche auf dem Golfplatz aus. In der nächsten Nacht werden sie ihre Wanderung fortsetzen. Foto: Helen Moser

Bei Wind und Wetter sind die Helfer des Schwarzwaldvereins Königsfeld derzeit im Einsatz. Ihre Mission: Amphibien, die auf dem Weg zu ihren Laichplätzen die Landesstraße 177 kreuzen müssen, vor dem lebensgefährlichen Gang über die Straße zu bewahren.

An der Landesstraße 177 stapft Heinz-Jürgen Walter an diesem Morgen am Waldrand entlang durch den Schneeregen. Nach einigen Metern hält er an, wirft einen Blick in den Eimer, der dort am Amphibienschutzzaum in der Erde vergraben ist. Mit einem Stock schiebt Walter behutsam das Laub im Eimer hin und her, falls sich ein Tier unter den Blättern versteckt hat. Doch außer dem Laub und etwas Wasser ist der Eimer leer.

Walter deckt ihn mit der bereitliegenden hölzernen Platte ab, legt einen Stein darauf, um das Ganze zu beschweren – und dann geht es entlang des grünen Amphibienschutzzaums, der parallel zur L 177 aufgebaut ist, weiter zum nächsten Eimer. Am Abend wird Walter zurückkehren und die Abdeckungen auf den Eimern wieder entfernen, sodass die nachtaktiven Amphibien ihren Weg in die Eimer und in der Folge sicher über die Straße finden.

Vorsichtig überprüft Heinz-Jürgen Walter den Inhalt eines Fangeimers: Verbirgt sich zwischen dem Laub ein Molch oder Frosch? Foto: Helen Moser

So viele Amphibien sind bei Königsfeld unterwegs

Insgesamt 900 Meter Zaun hat Walter abgelaufen, als er am Ende angekommen ist, und dabei 29 Fangeimer kontrolliert. Die Zahl der gefundenen Tiere ist dabei an diesem Tag mit vier Bergmolchen überschaubar.

In ein paar Eimern wird Heinz-Jürgen Walter fündig – hier einer der vier gefundenen Molche. Foto: Helen Moser

Das war an anderen Tagen seit dem Beginn der Amphibienwanderungen schon ganz anders, wie Walter im Gespräch mit unserer Redaktion sagt – und mithilfe von Zahlen belegen kann. Am 14. März hatten sich beispielsweise 335 Erdkröten in den Eimern befunden, am 20. März waren es neben 23 Erdkröten auch 21 Molche. Im vergangenen Jahr hatten die Helfer des Schwarzwaldvereins Königsfeld über einen Zeitraum von etwa zehn Wochen 15 Grasfrösche, 1317 Erdkröten und 686 Molche über die L 177 gebracht.

Das ist das Ziel der Kröten, Frösche und Molche

Auf dem Golfplatz auf der anderen Straßenseite finden die Amphibien geeignete Gewässer für die Fortpflanzung. Der Grasfrosch bevorzugt flache Tümpel, die sich im zeitigen Frühjahr schnell erwärmen. Die Erdkröte zieht es in tieferes Wasser mit ausgeprägter Vegetation. Der Bergmolch sucht leicht fließendes oder stehendes Wasser mit vielen Pflanzen. All das ist auf dem Gelände des Königsfelder Golfplatzes, jenseits der Landesstraße, zu finden.

Darum brauchen die Tiere auf ihrer Wanderung Hilfe

Hier setzt Walter auch an diesem Tag die vier Molche aus – in einem Gehölzstreifen. Von dort aus werden die Amphibien in der folgenden Nacht ihren Weg zu ihren Fortpflanzungsgewässern selbst finden. Mehrere Kilometer legen Frösche, Kröten, Molche und andere Amphibien bei diesen Wanderungen teils zurück – für die Tiere, die sich an Land langsam fortbewegen ein zeitaufwendiger und wegen der vielen Fressfeinde auch gefährlicher Weg.

Einen der gefährlichsten Teile der Strecke – nämlich der über die Landesstraße, nehmen die Helfer des Schwarzwaldvereins den Tieren ab. Denn der Verkehr auf der Straße stellt für die langsamen Tiere eine tödliche Gefahrenquelle dar. Hinzu kommt, dass sich der Asphalt tagsüber erwärmt und die nachtaktiven und wärmeliebenden Amphibien dann eher zum Verweilen als zum schnellen Vorwärtsstreben verleitet.

Zahlreiche Erdkröten gehen in jedem Jahr bei Königsfeld auf Wanderung. Foto: Heinz-Jürgen Walter

In Nächten mit Temperaturen deutlich über dem Gefrierpunkt und etwas Niederschlag könne eine regelrechte Massenwanderung einsetzen, informiert Walter. Mehrere hundert Amphibien sind dann gleichzeitig unterwegs. Die zahlreichen Funde überfahrener Tiere waren der Anlass, einen Schutzzaun aufzubauen, und diese Maßnahme jährlich zu wiederholen. Die Helfer des Schwarzwaldvereins arbeiten dabei mit der unteren Naturschutzbehörde des Schwarzwald-Baar-Kreises zusammen, um die heimische Artenvielfalt zu erhalten.

So geht’s weiter: beschwerlicher Rückweg und Neustart

Nachdem die Amphibien in den Biotopen auf dem Golfplatz abgelaicht haben, finden sie in der Umgebung geeignete Sommerquartiere. Erst im Laufe des Jahres – nicht so schlagartig wie im Frühling – machen sie sich dann wieder auf den Weg zurück auf die andere Seite der L 177, wo sie im Wald Winterquartiere finden. Diesen Rückweg müssen die Tiere alleine schaffen – ohne Unterstützung durch den Schwarzwaldverein.

Der Amphibienschutzzaun wird im Mai – Walter zufolge dann, wenn man keine Amphibienwanderungen mehr feststellen kann – abgebaut. Einen zweiten Zaun auf der anderen Straßenseite gibt es nicht. Einerseits, sagt Walter, weil ein solcher Zaun recht teuer sei, andererseits aber auch, weil unwahrscheinlich ist, dass man das ganze Jahr über genügend Helfer für das Einsammeln und Aussetzen der Amphibien hätte. Aktuell sind neun Helfer des Schwarzwaldvereins – je einer pro Wochentag plus zwei Springer – im Einsatz.

Auf dem Gelände des Königsfelder Golfplatzes finden die Amphibien geeignete Laichgewässer. Foto: Helen Moser

Die Frösche, Kröten und Molche, die den Rückweg schaffen, graben sich über den Winter in den lockeren Waldboden ein – so tief, dass sie vor Frost geschützt sind. So verbringen sie die kalte Jahreszeit, bis sie die steigenden Temperaturen im Frühjahr wieder aus ihrem Unterschlupf locken. Dann beginnt die Wanderung von vorne – und auch die Helfer des Schwarzwaldvereins Königsfeld werden wieder aktiv.