Theatersport tobte sich in der Nagolder Stadthalle aus. Foto: M. Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Improvisation: Theatersport auch nach 1439 Spieltagen in der ausverkauften Nagolder Stadthalle umjubelt

"Fünf, vier, drei, zwei, eins ...", der Schlachtruf der Theatersport-Fans ertönt auch in Nagold nicht das erste Mal. Am Samstagabend war es in der ausverkauften Stadthalle mal wieder so weit. "Schön, muss man schon nicht nach Tübingen", meinte eine fröhliche Zuschauerin in der Pause.

Nagold. Die Tübinger kommen ja her mit ihrem Harlekin-Theater, das nun schon ein Vierteljahrhundert und exakt 1439 Spieltage lang durch die Lande zieht mit diesem unverwüstlichen Bühnenspaß um die "Coole Rampe" in Rot und die "Fortuna Faust" als blauer Mannschaft. Mirjam Woggon und Tobias Karrer tobten sich diesmal als Fortunen auf der Improvisations-Bühne aus und gewannen am Ende auch knapp gegen Susanne Wasmann und Jakob Nacken als Rote Teufel. Samuel Zehendner wechselte als Springer zwischen den Teams.

Vor allem für die fünf Toto-Spiele in der zweiten Halbzeit hatte Moderator Harry Kienzler diesmal sogar die Lottofee Felixa Dollinger mitgebracht. Und auch sie hatte gegen Schluss im Western um Apachen-Larry und den brennenden Kaktus ihren extra beklatschten Auftritt als schlagfertige Hot Billie: "Du hast schon vorher gelispelt". Eigentlich hätte sie auch zur Zugabe mitmachen müssen, bei der die Musik von Keyboarder Matthias Weiß die ganze Truppe inbrünstig Samuel Zehendners Solo-Schnulze "Wann seh’ ich dich wieder?" mit intonieren ließ.

Aber die Lottofee hatte noch mit der Hupe zu tun am Pult, wo wie üblich auch die Punktetafel stand, auf der die Zuschauer mit ihren roten und blauen Stimmkarten die Blauen als Sieger des Abends bestimmt hatten. Neben dem klassischen Theatersport-Schriftzug und den Wartebänken der Teams gehört auch der Klamottenständer mit flugs ausgesuchten Kostümen und kleinen Requisiten zum festen Inventar des theatralischen Klamauks wie die Zarathustra-Fanfare.

Der Theatersport – nach der Idee des Kanadiers Keith Johnstone – ist ja nicht nur ein oft zum Brüllen komischer Heidenspaß fürs Publikum, er ist auch ein wirkliches Trainingsgelände für die Schlagfertigkeit und das szenische Repertoire von echten Schauspielern. Es ist im Laufe der Jahre weltweit ein wenig in Richtung Klamauk und Comedy verschoben worden. Und das ist sicher auch gut so für die Zuschauer.

Aber bei Szenen zwischen Shakespeare, Rosamunde Pilcher oder Hitchcock auf spontanen Zuruf müssen die Akteure – vor allem im ersten Teil – schon auch zeigen, was sie so an theatralischen Ausdrucksformen zu bieten haben. Ein bisschen Tanz, eine Menge Gesang und ein ordentlich gefüllter Wort- und Zitatenschatz gehören dazu.

So verstreut die Lottofee zahllose Zettel mit Zitaten aus Goethes Faust auf der Bühne, die möglichst geschmeidig in eine Tierarzt-Szene eingebaut werden müssen, wie sie gefordert ist – mit einer leuchtend roten Perücke in der Rolle als Wauwau Chico auf dem Arm. Nicht bei allem waren die Tübinger Mimen besonders gut in Form an diesem Abend. Die Eifersuchtszene in esoterischer Sprache oder das Klempner-Duell gelangen nicht so übertrieben witzig.

Das wird dann bei der Wahl auch gnadenlos niedergestimmt. Aber fast immer, wenn die Zuschauer Lokales und Eigenes einbringen, läuft die Truppe zu Bestform auf.

Das Parkhaus als eingeworfener angeblicher Nagolder Aufreger kam dann gleich mehrfach zu Ehren als Running Gag, unter anderem in der köstlichen Märchennummer vom Zwölfender-Hirsch im schwarzen Wunderwald. Und auch der finale Western war vom Feinsten: bester Theatersport halt, bestens bewertet und bestens bejubelt.