Bei Verleger Hajo Schörle brachten "4 im Element" eine Psycho-Komödie auf die kleine Bühne. Foto: Geisel Foto: Schwarzwälder-Bote

Theater: Bei Verleger Hajo Schörle auf dem Wolfsberg spielen "4 im Element" Schindeleckers "4 nach 40"

Die Bühne: ein Verlagshaus auf dem Wolfsberg. Das Stück: Vier skurrile Fremde in der Krise, die zusammen im Lift stecken bleiben. Doch nicht nur das war an diesem Theaterabend bei Hajo Schörle außergewöhnlich.

Nagold. Ein Ruckeln, ein Poltern, das Licht flackert – der Aufzug steckt fest. Im 40. Stock hält er vier Fremde gefangen. Und auch ihre Probleme. Ein gehetzter Versicherungsmakler mit zweifelhaftem Humor, eine von ihrem Verlobten verlassene Anwältin, eine Jobsucherin mit Opernsängerinnentalent und ein Professor, der sich gerade umbringen will, haben nicht viel miteinander gemein. Mit drei Ausnahmen: In Fritz Schindleckers Theaterstück "4 nach 40" bleiben alle zusammen in einem Lift stecken, alle sind jüngst 40 Jahre alt geworden und alle befinden sich zurzeit in einer persönlichen Krise.

Am Ende ihrer Zurechnungsfähigkeit

Die "4 im Element" – das sind Klaus Abeldt, Tanja Schall, Reinhold Schiller und Katja Seitz – mimten die Vier in der Midlifecrisis am Freitag bei Hajo Schörle. Der Verleger hatte die Plakate und Eintrittskarten für die Premiere von "4 nach 40" in Bierlingen bei Starzach entworfen und sich die Hobbytheatergruppe daraufhin bei ihrem Auftritt genauer angeschaut. "Das hätte ich gerne in meinem Haus", dachte er sich – und die vier Hobbyschauspieler sahen es ebenso. Deswegen blieb der Fahrstuhl nun im voll besetzten Verlagsgebäude auf dem Wolfsberg stecken.

Kaum hatten alle vier die Fahrstuhlkulisse betreten, flackerte das Licht, wilde Geräusche ertönten und das Schicksal nahm seinen Lauf. Auf so engem Raum miteinander gefangen, gingen sich die Männer und Frauen alsbald auf witzige Weise an die Gurgel und brachten sich gegenseitig in Verlegenheit. Nicht nur einmal verlor einer von ihnen beinahe die Beherrschung – sehr zur Belustigung der Zuschauer. Als sich die wachsende Panik langsam ihrem Höhepunkt näherte und auch noch Alkohol ins Spiel kam, schienen alle Vier am Ende ihrer Kräfte und ihrer Zurechnungsfähigkeit.

Unterbrochen wurden die Zankereien nur, wenn einer der Beteiligten schnipste. Plötzlich stand die Welt im Fahrstuhl still, die Aufzug-Gefangenen erstarrten mitten in ihrem Tun. Nur der Schnipser blieb aktiv und teilte seine Gedanken mit dem Publikum, mal ernste über den Tod der Mutter, mal zum Schreien komische wie eine aufkeimende Schwellung in der Hose wegen der knackig bekleideten Mitinsassin.

Überraschend traten die Darsteller in diesen Episoden des Stillstandes auch einzeln aus dem Aufzug heraus, direkt vor die erste Zuschauerreihe, und begannen zu singen. Zu bekannten Melodien stimmten sie umgedichtete, zu ihrer jeweiligen persönlichen Situation passende Texte an. Das Publikum war bei diesen Einlagen kaum zu halten, applaudierte und jubelte für den gänsehautverursachenden Gesang mindestens ebenso begeistert wie für die gekonnte schauspielerische Leistung der Gruppe.

Von Schindlecker als Komödie konzipiert, interpretierten die "4 im Element" das Stück eher als "Psycho-Komödie", so ihre selbst kreierte Genrebezeichnung. Damit richteten sie den Fokus ganz auf die Charaktere, auf die vier Menschen im Fahrstuhl, ihre Persönlichkeiten, ihre Probleme. Dass jede Person dabei einzeln als Individuum beleuchtet wird, ist der Grund, aus dem sich die Schauspielgruppe für dieses Stück entschied. Denn in ihrer ersten Produktion ging es um zwei Paare und diese zweite Inszenierung sollte sich deutlich davon unterscheiden, wie Tanja Schall erklärte.

Die Schauspielgruppe hatte nicht nur eigene Elemente in das Stück eingebaut, sondern auch viel in die Vorarbeit investiert.

Auf die Rollenarbeit legten die Vier dabei besonderen Wert, bis hin zur Lieblingsfarbe haben sie ihre Charaktere ausgearbeitet. Doch sie gingen noch weiter, wollten ein realistisches Gefühl für die Gefangenschaft in einem Aufzug bekommen – und ließen sich deswegen im Rahmen ihrer Vorbereitungen in einem einsperren. Die dadurch entstandene tiefe Verbindung zur Lebensgeschichte und Persönlichkeit der Figuren war auf der Bühne deutlich spürbar.

Am Ende des Stücks kommen zwar alle Vier unversehrt im Erdgeschoss an, doch verheißt ihr Abschied aus der Gruppe, dass diese Erfahrung jeden von ihnen verändert hat.