24 Jahre jung und bereits ein Orgel-Professor: Nathan Laube. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Nathan Laube entzückt das Publikum mit seinem zweistündigen Orgelkonzert in der Stadtkirche

Von Maria Kosowska-Németh

Nagold. Nagold ist keine Musikprovinz. Das steht fest, und mit dem jüngsten Orgelkonzert in der Stadtkirche wurde mehr als kräftig unterstrichen, wie viel Wert sowohl die Stadt als auch die Evangelische Bezirkskantorei darauf legen, dem Nagolder Musikleben immer wieder hochqualitative Impulse zu geben.

Um einen Weltklasse-Musiker für ein Konzert zu gewinnen, bedarf es jedoch einer breit ausgelegten organisatorischen Vernetzung. Beinahe ad hoc gelang dem Kantor Peter Ammer, dem Orgelsachverständigen Volker Lutz und anderen Beteiligten das schier Unmögliche: einen der weltweit besten Organisten, Nathan Laube aus den USA, der gerade seine Europa-Tournee absolviert, in den Schwarzwald zu holen.

Bereits mit 24 Jahren Professor, kennt Laube fast alle bedeutenden amerikanischen und europäischen Konzertorgeln und verfügt über ein unglaublich breites, fünf Jahrhunderte umfassendes Repertoire und phänomenales Musikgedächtnis. In Nagold präsentierte er einen auserlesenen zweistündigen Querschnitt der Orgelliteratur vom Barock bis zur Romantik.

Es war faszinierend, die Entstehung der Musik diesmal auch auf der Bildwand zu verfolgen. Das Publikum sah einen jungen, äußerlich ruhigen Mann, dem die Komplexität der Orgel mit vier Manualen und Pedaltastatur absolut vertraut war und der das gesamte Konzertprogramm zuverlässig auswendig beherrschte.

Laubes interpretatorische Devise äußerte sich in einer vollkommenen Einheit von Empfindung, Klangfarbe und Dynamik, wobei diese Synthese keine beabsichtigte und konstante Konstruktion darstellte, eher entstand diese als Ergebnis eines jeweiligen improvisatorischen Moments. Die vordergründige, tiefe und reife Musikempfindung motivierte den Künstler, stets nach diesen Ausdrucksmitteln zu suchen, die die Musik bereichern und lebendig machen. Er konzipierte die einmaligen, wegweisenden Registerkombinationen, um die optimale Klangfarbe und Tonselektivität zu erreichen, dosierte im ausgewogenen Maße die Lautstärke, setzte seine atemberaubende technische Fertigkeit ohne Berechnung ein – alles im Dienste der Schönheit der Musik und ihrer Expressivität.

Die Ausdruck-Bandbreite reichte von zerbrechlichen Porzellantönen in kaum wahrnehmbarem piano im Mozartschen Adagio bis hin zu erschütternder Tragik des Jüngsten Gerichts in der Psalm-Sonate von J. Reubke. Laube versah die Musik fast liebevoll mit jeweils eigenartigem Charakter – ob heiter-bitter (Thema aus Allegro vivace von Ch. M. Widor) oder lieblich-weich bis trocken-sarkastisch in der eigenen Transkription des "Variations sérieuses" von Mendelssohn.

Die künstlerische Kreativität und profunde Musikkenntnis ließen den Organisten Laube als idealen Interpreten und zugleich als Mit-Autor erscheinen – als einen Künstler, der Musikabsichten des Komponisten instinktiv erkennt, enträtselt und sie dann vollkommen glaubwürdig präsentiert.

So reglos und fasziniert die Zuhörer verharrten, so würdevoll verabschiedeten sie sich von dem jungen und doch so reifen Musiker – sie standen auf und applaudierten. Lange. Nicht frenetisch. Dankbar.