Foto: Katzmaier Foto: Schwarzwälder-Bote

Sc: Josef Krknjak steigt mit seinem Heißluftballon bis zu 50 Mal im Jahr in die Luft

Schon früh träumte die Menschheit davon, fliegen zu können. Sich einmal wie ein Vogel fühlen, die Welt von oben sehen. Im 21. Jahrhundert ist das kein Problem mehr: Eine Heißluftballonfahrt macht es möglich. Und die wird man so schnell nicht mehr vergessen.

Nagold. Mit einem lauten Rauschen strömt heiße Luft in die Hülle des Heißluftballons. Langsam richtet er sich auf, steigt von der Horizontalen in die Senkrechte. 22 Seile verbinden die Hülle mit einem vergleichsweise winzigen Weidenkorb. In ebendiesen steigt Pilot Josef Krknjak nun mit den beiden männlichen Teilnehmern. "Jetzt brauchen wir richtig Gewicht", ruft er über das laute Rauschen des Brenners hinweg.

Während die Hülle – die ein Volumen von 3500 Kubikmeter fasst – langsam ihr ganzes Ausmaß erreicht, halten die Frauen ein Seil fest, das am oberen Teil des Ballons festgemacht ist. Kurz bevor sich der Ballon komplett aufrichtet, rennen sie zum Weidenkorb. Es muss jetzt schnell gehen. "Los", ruft Regina Krknjak und rennt vorneweg. Die letzte Teilnehmerin steigt ein. Geschafft.

Ballon steigt mit zwei Metern pro Sekunde

Dann hebt der Ballon ab, steigt mit zwei Meter pro Sekunde. Menschen werden zu Stecknadelköpfen, Felder, die vom Boden aus endlos aussehen sind nur noch kleine, braune und grüne Quadrate. Das Messgerät zeigt 1200 Meter an. Die sonst so imposante Neckartalbrücke gleicht ein paar aneinandergeklebten Streichhölzern. In der Ferne zeichnen sich die Täler der Schwäbischen Alb ab. Weiter rechts ragt der Rottweiler Testturm in die Höhe.

"Wir haben gute Sicht", sagt Krknjak und zeigt auf ein weit entferntes, helles Quadrat, das sich als ein Stadtteil von Stuttgart entpuppt. "Das da hinten ist Asemwald. Da leben in drei Häusern 4500 Menschen." Er dreht sich um und zeigt in die andere Richtung. "Und da sind grad die Vogesen am Horizont aufgetaucht." Die Fotoapparate klicken um die Wette. Die Aussicht ist im Kasten.

Dann gleitet der Heißluftballon dahin. Trotz einer zwischenzeitlichen Höchstgeschwindigkeit von 28 Kilometern pro Stunde wird es still. Kein Wind, kein Laut. Zumindest fast: Ab und an durchbricht das Rauschen der Gasflamme für einen kurzen Moment die Stille, um den Ballon auf Höhe zu halten.

Vor 25 Jahren hatte Krknjak einen Artikel im "Spiegel" gelesen. Als er abends nach Hause kam, war sein Entschluss gefasst: Er will den Pilotenschein machen. "Das war die einfachste Möglichkeit, um uns und unsere drei Kinder in die Luft zu bekommen", sagt er und lacht. Zwei Jahre hängt er sich rein, lernt fast jeden Tag – wie man sich in Gefahrensituationen verhält, wann man starten kann und wann nicht, wie sich das Wetter verändert.

Seit 23 Jahren ist er nun offiziell Pilot, hat fünf Startplätze und steigt bis zu 50 Mal im Jahr in die Luft. Der genaue Zielort ist dabei fast immer ungewiss. "Zweimal bin ich bislang in all den Jahren an gleichen Orten gelandet. Einmal gewollt, einmal wollte es der Zufall so." Auch auf einer Bundesstraße musste er einmal gezwungenermaßen landen. "Da war sonst weit und breit keine Landefläche. Dann musste der Kollege am Boden eben mal kurz die Straße sperren."

Nach einiger Zeit verliert der Heißluftballon langsam an Höhe. "Wir sinken jetzt mit zwei Metern pro Sekunde", erklärt Krknjak. Er zeigt auf die verschiedenen Dörfer: Hochdorf, Horb, Ergenzingen. Langsam werden die Konturen wieder schärfer, Bäume, Felder und Autos größer. Menschen winken aus ihren Vorgärten. Doch selbst auf 50 Metern Höhe bleibt es eine Miniaturwelt da unten. Wenn man von hier oben herunterblickt, seien die Probleme da unten doch gar nicht mehr so groß, meint Krknjak und lächelt.

Pilot garantiert Fahrzeit von einer Stunde

Eine Fahrzeit von mindestens einer Stunde: Das ist der Anspruch der Ballongruppe Nagold. "Außerdem fahren wir nur, wenn es auf jeden Fall ungefährlich ist", so Krknjak. Denn selbst ein 30 Kilometer entferntes Gewitter könne noch Probleme mit sich bringen. "Viele fragen: ›Habt ihr denn einen Fallschirm dabei?‹ Dann zeige ich nach oben", meint Krknjak und lacht. Denn die maximale Fallgeschwindigkeit liege bei sechs Metern pro Sekunde. "Dann wird der Heißluftballon zum Fallschirm", so der Pilot. Auf seinen knapp 1500 Fahrten musste er allerdings nie zum Einsatz kommen.

Kurz bevor der Heißluftballon in Seebronn landet, kommt das große Finale. "Das kann man nur mit einem Heißluftballon", sagt der Pilot und lässt ihn immer weiter in Richtung eines Feldes sinken. "Hört ihr’s?", fragt er dann. Ein leises Rascheln, der Weidenkorb streift die Weizenähren. Ein erstauntes "Wow" entfährt einer der Teilnehmerinnen. Die Fahrgäste sind begeistert. Der Pilot lächelt. Ziel erreicht.

Weitere Informationen: ballongruppe-nagold.de