Oberbürgermeister Jürgen Großmann (links) war sichtlich beeindruckt vom Andrang bei der ersten Bürgerinformations-Veranstaltung speziell für Senioren im Kubus. Fotos: Kunert Foto: Schwarzwälder-Bote

Arbeitsgruppe "Seniorennetzwerk" stellt Ergebnisse der Bürgerbefragung vor

Von Axel H. Kunert

Nagold. Mit dem großen Interesse hatten Oberbürgermeister Jürgen Großmann und die vielen fleißigen Helfer der Arbeitsgruppe "Seniorennetzwerk – lange und gesund leben in Nagold" nicht gerechnet. Zur ersten Bürgerinformation speziell für Senioren kamen weit mehr Neugierige der Altersgruppe "60plus" in den Kubus als erwartet.

Das Thema ließ aber auch einige Brisanz erwarten: Vorgestellt werden sollten die Ergebnisse einer Bürgerbefragung, mit der die Stadtverwaltung als Initiatorin die Meinung der Senioren im Ort über ihre Lebensqualität und Wünsche für die Zukunft erheben wollte. Die Zahlen seien zwar "nur ziemlich repräsentativ", so Großmann, aber sie böten doch einen ersten objektiven Diskussionsansatz, um auch allgemeine Trends und Entwicklungen in Nagold sichtbar zu machen und darauf die künftige Stadtentwicklung und Seniorenarbeit aufzubauen.

Die Zahlen vorzustellen übernahm Mechthild Mohr, als Heimleiterin des Gertrud-Teufel-Seniorenzentrums (GTSZ) auch Vorsitzende der Arbeitsgruppe "Seniorennetzwerk", die dabei die erkrankte Projektleiterin des Zentrums für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze) vertrat, die die Bürgerbefragung verantwortlich im Auftrag der Stadt Nagold durchgeführt hatte.

Vielleicht wichtigste Erkenntnis: 96 Prozent der befragten Senioren leben gerne in Nagold, ähnlich hoch der Wert bei der Antwort auf die Frage, wie zufrieden die Befragten mit ihren nachbarschaftlichen Beziehungen seien. Allerdings: bei der wohnlichen Situation im Alter wurden für Nagold deutliche Defizite sichtbar. Nur rund die Hälfte (48 Prozent) schätzte die eigene Wohnung als geeignet für altersgerechtes Wohnen ein. Dabei leben 76 Prozent der Nagolder Senioren in Wohneigentum. Was alle Anwesenden der Bürgerinformationsveranstaltung hörbar überraschte: Über die Hälfte der Nagolder Senioren steht ein privater Wohnraum von über 100 Quadratmetern zur Verfügung – pro Person.

Und dieser Wohnraum ist den Nagolder Senioren heilig: Nur knapp ein Fünftel der Befragten ziehen einen Verkauf ihrer Immobilie aus Altersgründen für die Zukunft in Erwägung. Und je älter die Befragten, desto geringer wird diese Bereitschaft. Dazu in einem gewissen Widerspruch steht der Wunsch der Nagolder Senioren, sich im Fall der Fälle möglichst nicht von Angehörigen pflegen lassen zu wollen. Deutlich lässt sich aus den Ergebnissen der Befragung ablesen, dass es im Falle einer schweren Pflegebedürftigkeit den Wunsch gibt, dann doch eher in einer professionellen Pflegeeinrichtung unterzukommen.

Weiteres großes Themenfeld: Mobilität und Infrastruktur in Nagold. Wichtigste Erkenntnis hier: Die Nagolder Senioren fahren bis ins höchste Alter am liebsten mit dem Auto. Nur 40 Prozent der Befragten hätten Interesse an einem Ausbau des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV). Die, die den ÖPNV nutzten, wünschten sich vor allem häufigere Busverbindungen. Größtes Infrastrukturproblem für all jene, deren körperliche Mobilität eingeschränkt ist: Der freie, behindertengerechte Zugang zu öffentlichen Toiletten; dicht gefolgt von fehlenden Sitzgelegenheiten, um sich hin und wieder einmal auszuruhen.

Die vielleicht schockierendste Erkenntnis der Bürgerbefragung: Fast Zweidrittel der befragten Senioren mit Migrationshintergrund fühlen sich ausgeschlossen vom gesellschaftlichen Leben. Ähnliches gilt für Senioren, die selbst Angehörige wie etwa den eigenen Partner pflegen; und für Senioren mit eingeschränkter Mobilität. Hier vor allem, so Mechthild Mohr in einer spontanen Bewertung der Zahlen, sähe sie Ansätze für die künftige Arbeit des Seniorennetzwerks, die Betroffenen aus ihrer offensichtlichen sozialen Isolation herauszuholen.

Hoffnungsschimmer dabei: Rund ein Viertel der Befragten (24 Prozent) gaben an, sich künftig auch selbst für das Seniorennetzwerk aktiv engagieren zu wollen. Die Überraschung für die Studiendurchführenden dabei: Für den größten Teil dieser künftigen Mitarbeiter des Seniorennetzwerks wäre es das erste ehrenamtliche Engagement.