Schauspieler Dominique Horwitz. Foto: Archiv

Gegen Blitzer geklagt. Gericht verurteilt Schauspieler wegen Geschwindigkeitsübertretung zu Geldstrafe.

Nagold - Er setzte Himmel und Hölle in Bewegung. Doch am Ende nutzten alle Bemühungen seiner Anwältin nichts. Im Raserprozess gegen Dominique Horwitz wurde der Schauspieler verurteilt – und das kostet ihn vor allem eines: jede Menge Geld.

Das Amtsgericht Nagold hat den 58-jährigen Schauspieler und Sänger Dominique Horwitz zur Zahlung von 200 Euro verurteilt. Außerdem muss er die Kosten des Verfahrens in vierstelliger Höhe tragen.

Am sechsten Verhandlungstag setzte Verteidigerin Sofia Karipidou aus Wiesbaden noch einmal alle Hebel in Bewegung, stellte fünf Beweisanträge, lehnte Richter Martin Link wegen Befangenheit als Vorsitzenden ab und plädierte auf Einstellung des Verfahrens. Nach fünf Stunden und zehn Minuten wurde das Urteil gesprochen. Die  meisten der erschienenen 25 Zuhörer hatten den Gerichtssaal inzwischen verlassen, nur sieben harrten bis zum Schluss aus.

Befangenheitsantrag gegen Richter

Zur Erinnerung:  Der Fernsehschauspieler ("Tatort", "Der große Bellheim")   war am  26. Februar letzten Jahres  mit seinem  Auto  in Richtung  Nagolder Innenstadt  unterwegs. Am Ortseingang wurde er geblitzt.  Die Messanlage in der Calwer Straße 195 zeigte 82 km/h an, erlaubt sind nur 50 Stundenkilometer.  Den Strafbefehl über 100 Euro wollte Horwitz nicht akzeptieren  und  setzte Himmel und Hölle in Bewegung, um ungeschoren davon zu kommen.

Auf Antrag der Verteidigung wurden zahlreiche  Zeugen geladen: ein Außendienstmitarbeiter und der Sachgebietsleiter der Bußgeldstelle der Stadt Nagold, der Geschäftsführer der privaten Firma ERA aus Heilbronn –  an die der Datensatz der Messanlage zum Abgleich übermittelt wurde –  und KFZ-Sachverständiger  Matthias Fischer von der DEKRA-Außenstelle Reutlingen. Er hat ein Gutachten erstellt.

Weil die Anwältin  auch nach der fünften Verhandlungsrunde nicht alle Fragen beantwortet sah, setzte Strafrichter Martin Link einen weiteren Termin an. Die  Verhandlung musste mehrmals unterbrochen werden, weil die eingereichten Beweisanträge der Verteidigung jedes Mal überprüft werden mussten, ob sie Einfluss auf das spätere Urteil haben könnten. Für Sofia Karipidou spielte zur Beurteilung des Sachverhalts eine wichtige Rolle, ob Sachgebietsleiter Lüke  in das Datenauswertungsprogramm  "nur eingewiesen oder richtig geschult wurde". Der Antrag wurde als nicht relevant  ebenso abgelehnt wie eine von ihr geforderte Befragung des  Briefträgers am Wohnort von Horwitz, um festzustellen, ob die  Zustellung des Strafbefehls mit Unterschrift "ordnungsgemäß" erfolgt sei, weil ihr Mandant aufgrund von Drehtagen häufig nicht anzutreffen sei.

Als das alles nichts half, stellte Sofia Karipidou einen Befangenheitsantrag gegen den Richter. Weil er die von ihr gewünschte, erneute Befragung des Zeugen Lüke abgelehnt habe,  fühle sie sich in ihren Verteidigerrechten beschnitten. Den  Befangenheitsantrag formulierte sie schriftlich auf zwei Seiten. Er wurde dem Direktor des Amtsgerichts, Hans-Georg Gawronski, vorgelegt,  der seinerseits eine schriftliche Begründung der  Ablehnung des Befangenheitsantrags schriftlich verfasste. In der entstehenden, relativ langen Pause wurde die Verteidigerin im Gerichtssaal von Zuhörern der Verhandlung mehrfach beschimpft, sie solle sich schämen, einen solchen "Affentanz" zu veranstalten. Richter Link sah sich nach der Rückkehr genötigt, für Ruhe zu sorgen.

Als der Vorsitzende gegen 17.45 Uhr – äußerlich unbeeindruckt – ein letztes Mal die Frage stellte, ob die Verteidigerin einen weiteren Antrag stellen wolle und sie das verneinte, war das Beweisverfahren endgültig abgeschlossen. Sofia Karipidou plädierte auf Einstellung des Verfahrens – unter anderem mit der Begründung, die Stadt Nagold habe den Datensatz an eine Privatfirma (ERA in Heilbronn) weitergegeben und damit gegen das Datenschutzgesetz verstoßen. 

Das Amtsgericht verurteilte den Schauspieler zu einer Geldstrafe von 200 Euro und damit zur doppelten Summe des Strafbefehls, weil es der Schauspieler mit der Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit  im Straßenverkehr auch andernorts nicht immer genau genommen habe, wie aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlich war.

Gericht nutzt maximalen Spielraum bei Kosten

Für Richter Link war es bei der Urteilsfindung nicht entscheidend, ob die Messergebnisse an eine Privatfirma weitergegeben wurden, sondern ob die Rohdaten der Messanlage mit den Originaldaten auf dem Server der Bußgeldstelle der Nagolder Stadtverwaltung übereinstimmten. Das sei der Fall gewesen, was auch der  KFZ-Sachverständige in seinem Gutachten festgestellt habe.

Der Schauspieler muss die Kosten des Verfahrens tragen. Auf Nachfrage wurde bestätigt, dass  die  mehrmalige Anwesenheit des KFZ-Gutachters und die Erstellung eines Gutachtens mit einem vierstelligen Betrag zu Buche schlage. Und bei der Festsetzung der Höhe der Verfahrenskosten habe das Gericht den größtmöglichen Spielraum genutzt.  Eine Berufung gegen das Urteil ist laut Rechtsordnung nicht möglich. Horwitz kann höchstens die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragen – darüber entscheidet  im schriftlichen Verfahren das Oberlandesgericht Stuttgart.