Steffen Poos ist seit fast drei Jahren Pfarrer in Iselshausen und muss nun die Stelle wechseln, weil er mit seinem Lebenspartner im Pfarrhaus zusammenleben will. Foto: Fritsch

Landeskirche untersagt gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften in Pfarrhäusern.  

Nagold-Iselshausen - Steffen Poos ist evangelischer Pfarrer in Nagold-Iselshausen und er ist sehr beliebt in seiner Gemeinde. Und er ist homosexuell und möchte mit seinem Partner im Pfarrhaus zusammenleben. Doch genau dieser Wunsch nach Zweisamkeit im Pfarrhaus ist der Grund dafür, warum Pfarrer Poos jetzt seine Gemeinde verlassen muss und wohl in die Landeskirche Hessen-Nassau wechselt. Denn die Statuten der württembergischen Landeskirche untersagen gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften in Pfarrhäusern.

Die Gemeinde in Iselshausen ist geschockt vom Weggang des beliebten Geistlichen. Nach dem Gottesdienst am vergangenen Sonntag berichtete Poos der Gemeinde von seiner Homosexualität, seinem Weggang und dessen Gründen. Spontan brandete tosender Applaus für den Pfarrer auf. Verständnis für die Haltung der Kirche haben viele Iselshauser Gemeindemitglieder nicht. "Ich kann es nicht verstehen, dass es in der heutigen Gesellschaft noch so eine Haltung gibt", sagt ein Gemeindemitglied.

Eine Frau aus der Gemeinde spricht gar von "großem Schmerz" und "Entsetzen" angesichts des Abschieds von Pfarrer Poos. Die Gemeinde stehe vollkommen zu Steffen Poos und lasse ihn nur sehr schweren Herzens gehen. "Mit ihm lässt die Kirche einen ihrer besten Pfarrer ziehen", ist sie überzeugt. Auch auf Poos’ Homepage äußern Menschen ihr Unverständnis über die Haltung der Landeskirche.

Dass er seiner Gemeinde über seine Homosexualität berichten würde, sei für ihn immer klar gewesen, sagte Poos gegenüber unserer Zeitung, auch weil Wahrheit und Ehrlichkeit ihm ein hohes Gut im Umgang mit den Menschen seien. Konkreter Anlass seines Outings war die im September anstehende Übernahme des bisherigen Pfarrers zur Anstellung in eine Festanstellung. Dass diese an den Statuten der Landeskirche scheitert, diese Entscheidung respektiert Poos zwar, heißt sie aber nicht gut. Mit seiner Entscheidung die württembergische Landeskirche und Iselshausen zu verlassen, mache er nichts gegen die Landeskirche, wie er betont, "sondern etwas für mich und meinen Partner".

In einem Brief an seine Mitarbeiter wirbt Poos um Verständnis für seine Entscheidung und um Vertrauen in seine Person und Vertrauen gegenüber homosexuellen Menschen. Er hoffe, dass sein Weggang nicht zu größeren Irritationen oder gar Grabenkämpfen oder Schlammschlachten führe und Iselshausen sogar gestärkt aus dieser Angelegenheit hervorgeht.

Der für die Gemeinde Iselshausen zuständige Nagolder Dekan Ralf Albrecht stellte gestern gegenüber unserer Zeitung klar, dass die sexuelle Orientierung eines Menschen in der württembergischen Landeskirche mit Blick auf den pfarramtlichen Dienst keine Rolle spiele. Der entscheidende Punkt beim Iselshauser Pfarrer sei nicht seine Homosexualität, sondern dessen Wunsch nach einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft im Pfarrhaus gewesen. Und das sei rechtlich gesehen in der württembergischen – im Gegensatz etwa zur rheinischen oder bayerischen – Landeskirche nicht möglich, "und dazu stehe ich auch", so der Nagolder Dekan.

Den Dekan als seinen Vorgesetzten habe er schon früh in seine Überlegungen und Pläne eingeweiht, berichtet Poos. Dabei sei er von Albrecht immer fair und respektvoll behandelt worden. Albrecht selbst spricht davon, dass man diesen Weg in gegenseitigem Respekt gegangen sei und weiter gehe. Respekt gegenüber der Entscheidung von Steffen Poos ist es denn auch, den sich der Nagolder Dekan nun von den Christen erhofft.