Nagold - Das ist eine ganz neue Erfahrung, die OB Jürgen Großmann bei der Informationsveranstaltung zur geplanten Schließung des Gertrud-Teufel-Seniorenzentrums (GTSZ) machen musste. Als er versprach, sich um jeden einzelnen Heimbewohner kümmern zu wollen, schallte ihm Hohngelächter entgegen. Am Ende sollte es für ihn aber doch ein "guter Abend" werden.

So voll hatte man den Kubus selten gesehen. Schon eine dreiviertel Stunde vor dem offiziellen Beginn standen die Bürger in der Kirchstraße vor verschlossener Eingangstür, um einen Sitzplatz zu ergattern Am Ende mussten städtische Mitarbeiter Stühle herbeischleppen, damit die rund 250 Zuhörer Platz fanden. "Kommen Sie ganz entspannt nach vorne", verwies der OB noch auf freie Stühle in vorderster Reihe. Für ihn selbst war dieser Abend weniger entspannt. Er stand im Kreuzfeuer der Kritik.

Eine halbe Stunde dauerte sein Plädoyer: "Ich weiß, was ich in den letzten beiden Jahren getan habe." Schon vor seiner Amtszeit sei die "Schere gewaltig auseinandergegangen". Hintergrund: Das Heim unter städtischer Trägerschaft macht seit Jahren Verluste, allein 2017 waren’s 700 000 Euro. Großmann skizzierte nochmals den langen Entscheidungsweg, der in der Ratssitzung am 18. Dezember in den Beschluss mündete, die Pflegeplätze aufzugeben. Schon einmal, 2010, war man kurz vor der Schließung. Man entschloss sich damals, die Trägerschaft an einen Dritten zu übergeben. Sieben Interessenten klopften laut Großmann damals an, zwei blieben übrig – und sprangen schließlich auch noch ab. Neue Konzept kamen und gingen, doch es half nichts: Das Heim blieb in den roten Zahlen stecken. Weitere sieben bis acht Millionen Euro zu investieren, um den gesetzlichen Vorschriften zu genügen, hätte, so Großmann, "in ein finanzielles Fiasko geführt". Und über dem Heim hätte immer das "Damoklesschwert sparen, sparen, sparen" geschwebt. Also habe man beschlossen, die stationäre Pflege bis zum 30. Juni 2020 aufzugeben, aber das betreute Wohnen aufrecht zu erhalten und damit das Gebäude im städtischen Eigentum zu behalten. Vor allem mit Blick auf die Kreiskliniken als direkte Nachbarn: "Da macht das Wort Kooperation Sinn." Personell ist das Heim bereits zur Hälfte ausgedünnt: Waren’s 2015 noch 100 Heimbewohner, sind es heute nur noch 41. Von einst 105 Mitarbeitern sind noch 58 an Bord.

Großmann wiederholte an diesem Abend die Ankündigung, hinreichend Ersatz für das geschlossene Heim schaffen zu wollen: mit zwei Pflegeheimen im Norden und im Süden der Stadt mit jeweils 48 Pflegeplätzen, geführt von privaten oder gemeinnützigen Trägern: "Auf dieses Thema sind die Kommunen nicht zugeschnitten", sagte der OB vieldeutig. Hintergrund ist die unterschiedliche Bezahlung von Heimen mit privater und öffentlicher Trägerschaft.