Alexander Bodamer und Daniela Talmon in ihrem kleinen "Rennwesten"-Show-Room in Nagold. Foto: Orth

Legende feiert Wiederauferstehung. Fertigung der Biker-Jacke in Kleinserie.

Nagold - Ein Traum in Leder. Butterweich, anschmiegsam. Dabei so robust und praktisch. Eine Legende feiert fast unbemerkt von der Öffentlichkeit ihre Auferstehung: Die Harro-Rennweste ist wieder da! In gewohnter hoher Qualität, im klassischen Schnitt.

Alexander Bodamer und Daniela Talmon heißt das Gespann, das der in der bundesdeutschen Motorrad-Szene mit einem einzigartigen Ruf versehenen "Funktions-Lederjacke" neues Leben einhauchte. Wer nicht "Biker" ist mit Herz und Seele, braucht allerdings etwas, um die Magie der Harro-Rennweste zu verstehen.

Oder um auch nur zu erahnen, was die Augen der Besitzer dieser Lederjacke zum Leuchten bringt, wenn sie von "ihrer" Rennweste erzählen. Von ihren Erlebnissen mit ihr, den Abenteuern, den tollen Erinnerungen, dem "Leben in Leder" und mit Geschwindigkeit. Ein bisschen Gefahr, Adrenalin, Gemeinschaft mit den Kumpels, das Erwachsenwerden. Immer war die Rennweste dabei, wenn der Besitzer sie erst einmal hatte. Unverwüstlich, nützlich – mit den zum Beispiel zwei Innentaschen, in denen je eine Buddel Bier passte. Die Party-Kombi schlechthin. Die Harro Rennweste trägt die Patina so vieler Leben, die in ihr gelebt wurden. Und 2013 stellte der langjährige Fertigungsbetrieb der Familie Harr in Rohrdorf (HARr +    ROhrdorf = Harro) die Produktion ein, die seit den 1950ern die Legende in immer unveränderten Schnitten produziert hatte.

"Es geht auch um die Seele eines Produktes"

Alex Bodamer handelt eigentlich von seinem Geschäft (der Bocast GmbH) in der Herrenberger Straße 18 in Nagold aus mit selbstentwickelten Motorrad-Zubehörteilen. Er ist Diplom-Ingenieur, ein Qualitätsfanatiker in seinem Job. Seine Edelstahl-Fußrasten für Motorräder aller Art zum Beispiel sind wahrscheinlich das Beste, was man in diesem Segment auf dem Markt bekommt. Aber es geht nicht nur um Funktionalität und Qualität. "Es geht auch um die Seele eines Produktes." Um Leidenschaft. Um das, was industrielle Produktion und Ertragsoptimierung niemals leisten können: "Einem Ding Leben einhauchen." Das hat auch etwas mit Wertschätzung zu tun. Ja, auch Liebe. Was die Besitzer mit ihrer Harro-Rennweste verbindet, ist zweifellos eine innige Liebesbeziehung. Warum das so ist? Das muss wohl jeder selbst herausfinden.

Alex und Daniela wollten eigentlich nur die Restbestände der alten Harro-Produktion nach deren Schließung aufkaufen. Taten sie dann auch, mieteten für die über 1500 Teile ein Hängelager an und machten sich an den Abverkauf.

Aber da passierte etwas Merkwürdiges, berichten sie. Die Leute kauften nicht nur die Rennweste, sie erzählten auch ihre Geschichten mit dieser Lederjacke. Jedes Mal. Es waren immer Wiederholungstäter, die bereits eine "Beziehung" zu dieser Jacke hatten. Irgendwann waren die begehrten Größen und Farben aus den Harro-Restbeständen natürlich aufgebraucht. Aber die Nachfrage riss nicht ab. Und die Idee entstand, die Produktion der Legende in Kleinserie wieder aufleben zu lassen.

Originalschnitt und Marken lizenziert

Seit Anfang vergangenen Jahren läuft diese Produktion – wofür Bodamer und Talmon von der Familie Harr Lizenzen auf die Originalschnitte und die Marken-Nutzung erwarben. Verbunden mit der Verpflichtung, nur allerhöchste Qualität zu fertigen. Das allerdings war für Bodamer und Talmon von Anfang an sowieso klar, weshalb sie sich auf eine aufwändige Suche nach geeigneten Zulieferern machten. Genäht werden die Rennwesten heute in einem Betrieb in Rumänien, der auf Lederverarbeitung spezialisiert ist und unter deutscher Führung steht. Die verwendeten Häute stammen aus Deutschland und Europa, sind bedingungslos schadstofffrei und nur "erste Qualität". Auch bei Knöpfen, Schnallen, Reissverschlüssen – auch hier nur das Beste, was am Markt zu haben ist.

Neben der Harro Rennweste wird auch die Assen-Lederkombi produziert, bei Fans ähnlich beliebt wie die Rennweste. Der Vertrieb läuft übers Internet und dem kleinen "Rennwesten"-Show-Room in der Herrenberger Straße, der bereits regelmäßig von "Harro-ristas" aus ganz Deutschland angesteuert wird. Und über Biker-Messen und Events wie dem "Glemseck 101", wo Daniela Talmon "ihre" ganz eigene sinnlich-rote Rennweste sogar von einem Fan "vom Leib weggekauft" wurde. Mit Rationalität habe das alles oft nicht mehr viel zu tun. "Die Harro Rennweste weckt halt Leidenschaften."

Weitere Informationen: www.rennweste.de