"Mangels dringenden Tatverdachts", so erklärte die Tübinger Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung, seien die sieben Männer am Freitag wieder auf freien Fuß gesetzt worden. (Symbolfoto) Foto: Schwarzwälder-Bote

Kreisverwaltung zeigt sich in Stellungnahme "sehr betroffen über mutmaßliche Vergewaltigung". Mit Kommentar

Nagold/Wildberg - Das Landratsamt Calw hat den Ball ins Rollen gebracht, der zur Verhaftung von sieben afghanischen Flüchtlingen in den Asylbewerberheimen Nagold und Wildberg führte. Im Raum stand der Vorwurf, dass zehn Afghanen einen 17-jährigen Iraner, der mit seiner Familie in den Unterkünften mit seinen mutmaßlichen Peinigern unter einem Dach lebte, mehrfach und über einen längeren Zeitraum sexuell missbraucht haben sollen. Anja Härtel, Pressesprecherin des Landkreises, bestätigte auf Nachfrage unserer Zeitung: "Ja, als der Verdacht bekanntgeworden ist, sind wir auf die Polizei zugegangen."

Die Kreisverwaltung zeigte sich am Freitag in einer Stellungnahme "sehr betroffen wegen dieser mutmaßlichen Straftat, die sich allem Anschein nach in einer unserer Einrichtungen zugetragen haben soll."

Der Haftrichter zeigte sich indes von den Ermittlern vorgelegten Beweisen weniger überzeugt. "Mangels dringenden Tatverdachts", so erklärte die Tübinger Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung, seien die sieben Männer am Freitag wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Tags zuvor waren sie bei einer Razzia, an der sich 30 Polizeibeamte beteiligt hatten, festgenommen und am selben Tag den Haftrichtern am Amtsgericht Tübingen vorgeführt worden.

Die Ermittlungen würden trotz der Freilassungen aber andauern, so die Staatsanwaltschaft. Jetzt will man die bei den Durchsuchungen sichergestellten Beweismittel sichten. Sexualdelikte seien nur schwer nachzuweisen, erklärte Sabine Doll von der Pressestelle des Polizeipräsidiums in Karlsruhe: "Aussage steht oft gegen Aussage."

Als Vorsichtsmaßnahme wurde der 17-jährige Iraner mit seiner Familie in eine andere Einrichtung verlegt und erhält eine intensive Betreuung, teilte das Landratsamt mit. Parallel zu den strafrechtlichen Ermittlungen will sich die Kreisverwaltung umfassend mit den Hintergründen der mutmaßlichen Tat auseinandersetzen.

Kommentar: Dampfhammer

Von Roland Buckenmaier

Manchmal möchte man nicht in der Haut der Ermittlungsbehörden stecken. Wenn die Polizei mit 30 Mann zwei Flüchtlingsheime – in Wildberg und Nagold – durchsucht und mit sieben Asylbewerbern in Handschellen wieder verlässt, muss man gewärtigen, welche Wirkung ein solches Vorgehen in der Öffentlichkeit hat. Beim Vorwurf einer Vergewaltigung ist zumal erhöhte Sensibilität angebracht.

Wenn am Tag danach alle Festgenommen aus Mangel an handfesten Beweisen wieder auf freien Fuß gesetzt werden, wirft dies kein gutes Licht aufs ermittlungstaktische Vorgehen. Also viel Lärm um nichts? Muss es nicht heißen. Ein Freispruch ist dies noch lange nicht. Der Verdacht bleibt bestehen. Aber wenn man zur Dampfhammermethode wie zu einer groß angelegten Razzia greift, macht man viel Lärm. Wie auch immer der Fall ausgehen wird – ein Makel bleibt immer.