Die Kindergartenbetreuung in Nagold wird teurer. CDU- und SPD-Fraktion stemmten sich gemeinsam gegen die Erhöhung, konnten sie aber nicht verhindern. Foto: Strobel

Geplante Erhöhung der Kindergartengebühren sorgt für Widerstand. CDU und SPD warnen vor sozialer Schieflage.

Nagold - Die geplante Erhöhung der Kindergartengebühr um drei Prozent und ein Wegfall der Einkommensstaffel ist im Stadtrat auf heftigen Widerstand gestoßen. CDU- und SPD-Fraktion warnten vor einer sozialen Schieflage. Die Erhöhung konnten sie aber nicht verhindern.

Bislang war dieses heikle Thema im Stadtrat hinter verschlossenen Türen erörtert worden. Eine Erhöhung von drei Prozent, wie es die Verwaltung vorgeschlagen hatte, klingt moderat. Gleichzeitig, so führte Oberbürgermeister Jürgen Großmann, in der jüngsten Ratssitzung in dieses Thema ein, wolle man sich von der "Einkommensthematik verabschieden". Bislang wurden die Elternentgelte für die Betreuung von Kleinkindern anhand der Familieneinkommens errechnet. Künftig soll dies, wie bereits im Ü3-Bereich (3- bis 6-Jährige) üblich, anhand der Kinderzahl erfolgen. So sei dies, argumentiert die Verwaltung, in den meisten Gemeinden gängige Praxis und werde auch von den Landesverbänden so empfohlen.

Was Wolfgang Schäfer, CDU-Fraktionschef, nicht daran hinderte, die Pläne scharf zu kritisieren. Schäfer erinnerte an den Stadtratbeschluss aus dem Jahr 2008, die Kindergartengebühren künftig nicht mehr zu erhöhen: "Von diesem guten Pfad sollte man nicht abweichen." Und die Abschaffung der Einkommensstaffel sei "Beleg dafür, was passiert, wenn man falsch einsteigt." Vor allem einkommensschwache Familien oder Alleinerziehende würden besonders stark zur Kasse gebeten: Wer weniger als 15.000 Euro verdiene, müsse mit 173 Prozent Aufschlag rechnen: "Das sind 1980 Euro, mehr als ein Monatseinkommen", rechnete Schäfer vor. Bei 15.000 bis 25.000 Euro Jahreseinkommen würden die Kindergartengebühren demnach um 85 Prozent steigen: "1440 Euro. Wieder ein Monatseinkommen."

Wer dagegen mehr als 60.000 Euro verdiene, werde um drei Prozent entlastet: "Das ist dermaßen sozial schief. So geht’s einfach nicht", wetterte der CDU-Fraktionschef unter dem Applaus der SPD-Fraktion. Auch Daniel Steinrode (SPD) plädierte für einen schrittweisen Ausstieg aus den Elterngebühren, schränkte aber ein: "Wir schaffen das nicht aus eigener Kraft." Auch das Land sieht er in der Pflicht.

Die anderen drei Ratsfraktionen – Freie Wähler, Grüne und FDP – stellten sich derweil hinter den Verwaltungsvorschlag. Die Qualität der Betreuung der Kinder sei wichtiger als das Geld, argumentierte Ulrich Hamann (FWV). Um die Bedürftigen unterstützen zu können, müsse man sich finanziell "Luft verschaffen". Im Übrigen sei es "für viele unproblematisch, solche Beiträge zu leisten".

Brigitte Loyal von den Grünen verwies auf die gestiegenen Personalkosten in den Kindergärten. Während Gemeinde- und Städtetag eine Erhöhung um acht Prozent empfohlen hätten, seien die geforderten drei Prozent in Nagold doch moderat. Was Daniel Steinrode zum – weil’s ihm selbst so gefiel – mehrfachen Zwischenruf "Grün wählen muss man sich leisten können" verleitete. Auch Jürgen Gutekunst, FDP-Fraktionschef, befand: "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt da, um anzupassen." Es dürfe nicht so weit kommen, dass Hausbesitzer oder Mieter über die Erhöhung der Grundsteuer die Kindergärten mitfinanzieren müssten. Auch nach der Erhöhung liegen die Beiträge in Nagold im Ü3-Bereich 25 Prozent unter dem Landesdurchschnitt, im U3-Bereich sogar 40 Prozent drunter.

OB Großmann verwies auf die Regelung, dass gerade im unteren Einkommensbereich die Gebühren sozial, unter anderem über den Nagold-Pass, abgefedert würden. "Das zahlen im Ergebnis auch wir", konterte Schäfer, der zugleich ein anderes Fass aufmachte, auf andere "dochdefizitäre Bereiche" verweisend: Warum, fragte er, seien in der Stadtbibliothek Gebühren tabu?

Oberbürgermeister Jürgen Großmann missfiel diese "scheinbare Gerechtigkeitsdiskussion" und befand, dass man doch eine "faire Lösung" gefunden habe: "Es geht um eine moderate Erhöhung." Wobei das Stadtoberhaupt eines nicht verheimlichen wollte: "In meinem Wahlprogramm ist auch schon mal etwas anderes gestanden." Aber er sehe nicht den finanziellen Spielraum zur Entlastung: "Deswegen muss ich die Reißleine ziehen."

Bei der Abstimmung kam es zur Blockbildung: Zwölf Stadträte von FWV, Grüne und FDP stimmten geschlossen an der Seite von Oberbürgermeister Großmann für den Verwaltungsvorschlag, SPD und CDU kamen gemeinsam nur auf neun Stimmen.

Eine Niederlage, die vermeidbar gewesen wäre, unkte danach ein CDU-Mann. Bei der Ratssitzung fehlten drei Fraktionsmitglieder – und eines hatte sich der Stimme enthalten.