Gerd Dudenhöffer alias Heinz Becker unterhielt in der Alten Seminarturnhalle sein Publikum. Foto: Helber Foto: Schwarzwälder-Bote

Seminarturnhalle: Kabarettist bietet als Heinz Becker spannendes und spaßiges Theater

Nagold. Ein Stuhl mit Kissen, eine Bierflasche daneben – mehr gibt es nicht auf der Bühne, mehr braucht Gerd Dudenhöffer nicht, um in seiner Paraderolle des Kleinbürgers Heinz Becker auch dem Nagolder Publikum einen unterhaltsamen Abend zu bieten. In seinem neuen Programm "Vita. Chronik eines Stillstandes" hält dieser Heinz Becker einen Rückblick auf seinen Lebensweg, plappert munter und ungefragt über Gott und die Welt, über Alltägliches und Welterklärendes.

Mehr als 300 Zuschauer hatten den Weg in die ausverkaufte Alte Seminarturnhalle gefunden, um Beckers Worten zu lauschen.

Heinz Becker beginnt die Erzählungen seines Lebensweges bei seiner Geburt, beschreibt seinen Weg ins Nachkriegs-Deutschland und beansprucht dabei die Lachmuskeln seiner Zuschauer. Er erzählt von der ersten Currywurst, die sein Vater Willi Becker an diesem wichtigen Tag verspeist hat – und die Zuhörer erahnen schon hier, welch wichtige Rolle dieser "Vadder" im Leben seines Sohnes spielt.

"Am Fernseher kann man ja umschalten"

Mit seinem saarländischen Dialekt, der ihn so authentisch wirken lässt, erzählt Heinz von seiner Schulzeit. Er denkt weiter laut darüber nach, dass dieses Schulgebäude wenn nicht inzwischen abgerissen, in die Jahre gekommen und somit als Flüchtlingsunterkunft in der heutigen Zeit prädestiniert wäre. Er würde also mit Frau Hilde und Sohn Stefan nur 500 Meter "Fluchtlinie" dazu wohnen – und außerdem "am Fernseher kann man ja umschalten". Dudenhöffer gelingt es meisterhaft, die Zuhörer in einem Moment zum Lachen zu bringen, im nächsten Moment fühlen sie sich dabei ertappt, schon ähnlich negative Gedanken gehabt zu haben.

Heinz arbeitet seinen Lebensweg "chronologisch" weiter ab. Zwischen Kommunion, Verlobung und Heirat macht er Kurzausflüge zu den ersten italienischen Einwanderern Deutschlands in den 50er-Jahren: "Mit den italienischen Gastarbeitern war das ja noch offensichtlich, die Türken sind jetzt halb verpackt". Beim Thema Willkommenskultur fällt ihm komischerweise gleich ein, was Vater Willi über gewisse Verwandte zu sagen pflegte: "Die kann man nicht einladen, die gehen nicht mehr heim." Bei der Burka zitiert Heinz auch einmal Mutter Hilde: "Die schwitzen schon automatisch, brauchen dazu gar nichts zu schaffen."

Schwer beschreibbare Botschaften unterstreicht Heinz mit dem Fingerspiel auf seinen Knien. Pausen setzt er bewusst, manchmal ersetzt ein verlegenes Hüsteln, die nicht ausgesprochenen Worte. Sein Publikum versteht, was er meint.

Worte hat Heinz aber wieder über Oswald Kolle und darüber, wie er selbst aufgeklärt wurde: "Ein Mann muss nicht aufgeklärt sein", "die Frauen haben es leicht, denen fällt alles in den Schoß".

Über Zeitgenossen wie John F.   Kennedy, Marylin Monroe, die Beatles oder Uwe Barschel, dem "das Wasser bis zum Hals steht", tut er seine Meinung kund und hat für die größten Weltprobleme einfachste Lösungen parat: "Es ist gefährlich einem Terroristen zu gleichen, also bleiben wir zuhause." Er überrascht durch wortwitzige Feinsinnigkeit wie "ein scheinheiliger Friede ist besser als ein heiliger Krieg".

Die schief stehende Kommunionskerze, im Leben von Vater und Sohn Becker lässt erahnen, dass auch Stefan wieder einiges vom "Vadder" übernehmen wird. Es ist, als würde die Zeit doch stillstehen.

Zum Schluss wird die eigene Lyrik rezitiert

Am Ende seines spannenden und spaßigen Ein-Mann-Theaters nimmt Heinz Becker sein Publikum noch einmal mit ins familiäre Wohnzimmer. Er beschreibt auf unnachahmliche Art, wie er mit seiner Hilde den Einsturz des World-Trade-Centers bei Fleischküchle und Brezeln erlebt.

Mit "Wir schauen noch weiter Hilde, da passiert vielleicht noch was" nach Einschlag eins, wird nicht zu "Rosa Puder Milder" umgeschaltet. Nach dem Einsturz des zweiten Turmes und einem knappen "das war’s" dann sein Abgang von der Bühne.

Zur Zugabe kommt ein verwandelter Künstler zurück. Heinz Becker hat sich in Gerd Dudenhöffer verwandelt und rezitiert in bestem Hochdeutsch und ohne die legendäre Kapp seine eigene Lyrik.