Der Angeklagte soll einem Ehepaar in der Marktstraße beim Vorbeifahren den Stinkefinger gezeigt haben. Symbolbild. Foto: dpa

Ärzteehepaar fühlt sich beleidigt. 51-jähriger Ingenieur verdächtigt. Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.

Nagold - Die Verhandlung vor dem Amtsgericht endete mit einem glatten Freispruch. Das hatte der 51-jährige Ingenieur aus Nagold nicht anders erwartet. Dass er – laut Anklageschrift – einem Ehepaar in der Marktstraße beim Vorbeifahren den Stinkefinger gezeigt haben soll, "ist mir ein absolutes Rätsel. Ich war es jedenfalls nicht".

Am Freitag, 5. Juni, saß ein Mediziner mit seiner Frau gegen 18 Uhr in der Marktstraße vor einem Eiscafé. Als ein Transporter langsam an ihnen vorbei Richtung Marktplatz fuhr, riefen sie dem Wagenlenker in der heruntergedrehten Fensterscheibe zu, lieber umzukehren, weil dort die Durchfahrt am Wochenende verboten sei. "Darauf hat er uns den Stinkefinger gezeigt."

Für den Staatsanwalt ist die Sache klar

Der Arzt ärgerte sich so sehr darüber, dass er das Autokennzeichen des Sprinters notierte und zur Polizei ging. Der Halter wurde ermittelt. Es stellte sich heraus, dass der Angeklagte an diesem Freitag tatsächlich in der Marktstraße unterwegs war, um am frühen Abend an zwei Stellen Prospekte und Wochenzeitungen abzuladen. "Erkennen sie den Mann wieder?" bat der Richter darum, einen Blick auf den Angeklagten zu werfen.

Beide Eheleute meinten übereinstimmend, dass sie ein "dunkelhäutiger Mann mit einem Ring am Finger" beleidigt hätte. Die Beschreibung passte so gar nicht auf den 51-Jährigen, der dem Gericht außerdem glaubhaft versicherte, seit der Trennung von seiner Frau keinen Ehering mehr zu tragen.

Für Staatsanwalt Nikolaus Wegele war die Sache damit klar, ebenso für Richter Link, der den Angeklagten vom Vorwurf der Beleidigung freisprach.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.