Bana Alhashmi (24). Foto: Schwarzwälder-Bote

Familie kann sich jetzt auf Wohnungssuche begeben. "Wenn jetzt noch Papa da wäre, wäre alles perfekt".

Nagold/Herrenberg - Im Frühjahr haben wir an dieser Stelle die Geschichte einer jungen Syrerin erzählt: Bana Alhashmi (24), die mit ihrer Mutter und drei Brüdern über das Mittelmeer floh. Eine Schicksal, das einem die Tränen in die Augen trieb. Doch die junge Frau und ihre Familie arbeiten hart am Happy End.

 "Seit zwei Tagen hat meine Mutter die offizielle Aufenthaltserlaubnis", erzählt Bana Alhashmi mit strahlenden Augen. Das heißt: Die Familie kann sich jetzt auf Wohnungssuche begeben.

Raus aus der Flüchtlingsunterkunft Haus Waldeck in Nagold, wo sie zu fünft seit Ende vergangenen Jahres leben. "Wir möchten hier in der Region bleiben", erzählt Bana. Irgendwo im Dreieck Nagold, Pforzheim und Stuttgart. Aber sie weiß, dass das nicht leicht wird. Dass die Wohnungssituation bereits angespannt ist, ist auch ihr längst bewusst.

Aber Bana scheint eine unerschütterliche Optimistin zu sein. Sie lacht gerne. Und ihre dunklen, fast schwarzen Augen strahlen unentwegt. Wie geht sie mit dem Trauma der Flucht um, dem Erlebnis des Krieges, den sie daheim in Damaskus und später auf der Flucht in Tripolis/Libyen begegnet sein muss? Man bekommt eine Gänsehaut, als sie erzählt, wie sie in dem engen Boot auf der Überfahrt nach Italien einfach lauthals losgesungen habe – sehr zum Schrecken der übrigen Bootsinsassen. "Das kannst du doch nicht tun!?", hätten die gesagt. Doch, konnte sie. Nicht aus Angst. Sondern weil sie einfach so ist. Unerschütterlich heiter. "Es war doch auch einfach ‘ne Fahrt übers Meer..."

Wer Bana jetzt Leichtfertigkeit unterstellen will, der irrt. Und zwar gewaltig. Seit ein paar Tagen erreichen sie und ihre Familie den Vater nicht mehr, der in Libyen zurückgeblieben ist und nachkommen soll, sobald das Bleiberecht der Mutter in Deutschland geklärt wäre. Das ist jetzt der Fall. Aber der Vater meldet sich nicht mehr via Skype oder Handy. Auch umgekehrt erreichen sie den Vater nicht, um ihm die gute Nachricht mitzuteilen. Sorgen? Ja, die sind da bei Bana. Für einen Moment senkt sie den Blick. Um dann gleich wieder aufzublicken und mit etwas Trotz in der Stimme zu sagen: "Aber er hat auch kein gutes Handy-Netz dort." Immer gleich das Schlimmste anzunehmen bringt einen eben nicht weiter.

Und gleich strahlen die Augen von Bana wieder, als sie von ihrem neuen Job erzählt. Seit September arbeitet sei bei Walter Knoll in Herrenberg. Erstmal nur ein Praktikum. Der Vertrag läuft bis Dezember. Dann gibt es ein "Gespräch". Und vielleicht eine Vertragsverlängerung. Oder gar einen dualen Ausbildungsvertrag. Das wäre der Traum. Die Firma kannte sie vorher gar nicht, aber Freundinnen im Nagolder Youz, wo sie schon bald nach ihrer Ankunft mitgearbeitet hatte, hätten sie auf Knoll aufmerksam gemacht, den Praktikumsplatz vermittelt. "Ein echtes ›Wow‹-Unternehmen", wie Bana gleich beim ersten Blick ins Internet erkannt hatte. Jetzt hilft sie beim Export, der Logistik, unterstützt die Marketingabteilung bei der Planung eines bevorstehenden Messeauftritts.

Daheim in Damaskus hatte Bana Finanzwesen studiert, hat für "HP" und im Unternehmen ihres Vaters gearbeitet, der die Handelsvertretung für ein deutsches und ein türkisches Unternehmen innehatte. Syrien habe ab dem Millenium einen gewaltigen Wirtschaftsaufschwung erlebt, die Wirtschaft brummte. Durch die Handelsbeziehungen des Vaters hatte sie sowieso vor nach Deutschland zu kommen. Zum Studieren. "Nun eben so – bin ich auch hier." Kurz heben sich ihre Schultern, als wollte sie sagen: So war die Flucht doch noch zu etwas gut. Und sofort zeigt Bana auch wieder ihr einehmendes Lächeln. Das mit dem Studieren habe sie natürlich weiterhin fest auf ihrer Agenda.

Für Walter Knoll ist die Beschäftigung von Bana kein soziales Projekt, erläutert Pressesprecherin Tamara Karcher. "Wir arbeiten hier in einem internationalem Team." Aus 25 Nationen stammen die Mitarbeiter am Sitz in Herrenberg. Ein Schmelztiegel der Kulturen. Das Unternehmen lebe von der Inspiration, die diese Menschen aus aller Herren Länder mitbrächten. Und man könne klar sagen, dass Walter Knoll bereits jetzt von dem "strahlenden Leuchten" profitiere, das Bana stets um sich herum verbreite. Abgesehen davon, dass sie fachlich sehr genau wisse, was sie mache.

Und was machen eigentlich die drei Brüder der "großen Schwester" Bana? Der 21-Jährige hoffe auf eine Ausbildung bei Bosch, arbeite derzeit als Mini-Jobber in einer großen Nagolder Kfz-Werkstatt. Und die beiden Kleinen gingen zur Schule, der Neunjährige in die dritte Klasse, der Kleinste sei gerade eingeschult worden. Solle aber vielleicht in die zweite Klasse wechseln – weil: "Er liest bereits besser als alle anderen Kinder in seiner Klasse", erzählt Bana mit deutlichem Stolz. Und wieder mit diesen strahlenden Augen. Wenn jetzt noch der Papa da wäre, wäre alles perfekt. Happy End eben.