Der Rechtsstaatsunterricht für arabisch sprechende Flüchtlinge stieß auf große Resonanz. Foto: VHS Foto: Schwarzwälder-Bote

Orientierungshilfe: Volkshochschulen und Justizministerium in Kooperation / Baustein für die Vermittlung kultureller Werte

"Richtig. Ankommen". Was da etwas sperrig und belehrend daher kommt in der Wortwahl, entpuppte sich in der Volkshochschule als informativer, diskussionsfreudiger und sehr anregender Nachmittag.

Nagold. Der Direktor des Amtsgerichtes Nagold, Hans-Georg, war aufgrund der kürzlich geschmiedeten Kooperation zwischen dem Justizministerium Baden-Württemberg und dem Landesverband der Volkshochschulen in Baden-Württemberg in der VHS in Nagold zu Gast und informierte arabisch sprechende Asylbewerber über das Rechtssystem in Deutschland.

Warum dürfen Familien nicht nachkommen?

Mit Hilfe einer zentralen Präsentation mit einfachen Symbolen erklärte er juristische Zusammenhänge, die wohl auch für jeden deutschen Staatsbürger eine gute Auffrischung grundlegender Elemente des deutschen rechtsstaatlichen Systems gewesen wäre. Er erklärte dies den anwesenden Frauen und Männern aus dem Irak, Syrien und Somalia.

Im sehr gut gefüllten Vortragsraum hörten sie gespannt zu, fragten nach, verglichen die Zusammenhänge mit denen in ihren eigenen Herkunftsländern und kommentierten so manchen Sachverhalt. Ob es nun um Gewaltenteilung, das Demokratieprinzip, das Gewaltmonopol des Staates oder um die im Grundgesetz verankerten Grundrechte ging – immer war das Interesse der Gruppe zu spüren.

So entbrannte bei dem Thema des besonderen Schutzes von Ehe und Familie eine rege Diskussion darüber, warum es den Asylsuchenden nicht gestattet sei, ihre Familien nachzuholen, wenn Familie doch ein so hohes Gut sei. Dabei wiesen die Zuhörenden unterschiedliche Deutschkenntnisse auf. Waren sie doch zwischen nur einigen Monaten bis zu vier Jahren bereits in Deutschland und besuchen nun ganz unterschiedliche Deutschsprachkurse.

Sprachbarrieren zu überbrücken, half der seit 40 Jahren in Deutschland lebende und nun als Dolmetscher arbeitende Nomaan Kabbani. Es war bereits sein zweiter Einsatz im Landkreis Calw mit Georg Gawronski, nachdem der erfolgreiche Auftakt der vom Land geförderten Veranstaltungen unlängst in der Calwer VHS erfolgte.

Hier wie dort war das Interesse der arabisch sprechenden Flüchtlinge sehr groß. Gawronski, der eigens für diese Veranstaltung eine Fortbildung besuchte und mit großem Engagement Rede und Antwort stand, war "sehr erstaunt und angetan, wie neugierig die Zuhörer sind und sich beteiligen, wie sie Interesse daran zeigen, hier auch tatsächlich anzukommen".

Und so sei der Titel der Veranstaltung "Richtig. Ankommen" wohl auch genau richtig gewählt, schließlich gehe es darum, das Rechtssystem in seiner Ähnlichkeit und in seinen Unterschieden zu den Herkunftsländern zu verstehen, zu akzeptieren und sich darin sicher zu bewegen, so Angela Anding, Leiterin der VHS Oberes Nagoldtal. Sie sieht daher "in diesem Angebot für Flüchtlinge ganz am Anfang ihres Hierseins einen guten und wichtigen Baustein in der Vermittlung kultureller Werte. Im Orientierungskurs mit staatsbürgerkundlichen Inhalten am Ende eines Integrationskurses werden diese juristischen und kulturellen Zusammenhänge dann noch einmal vertieft. Jedoch kann die Sensibilisierung dafür nicht früh genug beginnen."

Sensibilisierung früh beginnen

Am Ende bedankten sich die Zuhörenden bei den Beteiligten für diese Möglichkeit der Information und des Austausches – sie, die sie in ihren Ländern beispielsweise als Taxifahrer, Bauer, Textilverkäufer, Maler, Trockenbauer, Schneider, Lehrer oder Anwalt gearbeitet haben oder sich als Hausfrau um die Familie kümmerten.

Sie – die nun auf der Suche nach einer neuen, sicheren Heimat nach Deutschland kamen und ein großes Interesse daran formulierten, hier anzukommen und sich eine neue Existenz aufzubauen. Im Dezember wird es erneut ein solches Angebot in den Volkshochschulen im Landkreis Calw geben.