Die RAL-Gütegemeinschaft "Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung" hat seit diesem Jahr ihren Standort in Nagold, vertreten durch Oberbürgermeister Jürgen Großmann (links) als deren neuem Vorsitzendem und dem bisherigen Leiter des Bauverwaltungsamtes, Herbert Wüster, als neuem Geschäftsführer. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder-Bote

Zertifizierung: Großmann übernimmt Vorsitz / Geschäftsstelle verlegt / Große Geburtstagsfeier im Herbst

Von Axel H. Kunert

Nagold. Es war eine kleine "Fußnote" des Oberbürgermeisters beim diesjährigen Neujahrs-Empfang: Er – Jürgen Großmann – übernimmt den Vorsitz in der RAL-Gütegemeinschaft "Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung". Und deren Geschäftsstelle wird auch gleich nach Nagold verlegt.

Mittlerweile ist der "Umzug" der RAL-Gütegemeinschaft in den Nordschwarzwald vollzogen. Die operative Geschäftsführung hat Herbert Wüster übernommen, bisher Leiter des Bauverwaltungsamtes der Stadt Nagold. Er kümmert sich künftig ausschließlich um die Arbeit der vor exakt zehn Jahren unter aktiver Mitarbeit der Stadt Nagold gegründeten RAL-Gütegemeinschaft "Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung". Ziel sei es, die Verbreitung des kommunalen Gütesiegels vor allem in Süddeutschland weiter voranzutreiben – nachdem bisher in erster Linie Nordrhein-Westfalen (NRW) als Standort der Geschäftsstelle des Verbundes von deren Arbeit profitierte.

"RAL" steht für "Reichs-Ausschuss für Lieferbedingungen"; die Idee der Gütegemeinschaft hat ihre Wurzeln in der Weimarer Republik, und kümmert sich seitdem üblicherweise um die Zertifizierung von (Industrie-)Standards. Die normierte "RAL-Farben"-Palette ist ein bekanntes Beispiel für solche Standards. Die Idee, auch kommunale Arbeit – und hier vor allem die kommunale Wirtschafts- und speziell Mittelstandsförderung – nach solchen Normen zu organisieren und als "Marke" für unternehmerfreundliches Handeln zu etablieren, entstand seinerzeit parallel in Nagold und NRW. Durch Herbert Wüster, als gelernter Architekt seit 25 Jahren für die Stadt Nagold tätigt, wurde die Verbindung hergestellt, da Wüster gebürtig aus NRW stammt – und noch viele Bezugspunkte dorthin hat.

Mittlerweile ist die RAL-Gütegemeinschaft "Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung" in NRW sogar regelmäßig im Beratungsgremium für die dortige Landesregierung in Mittelstandsfragen eingebunden. "Etwas, dass wir uns künftig auch für Baden-Württemberg wünschen", so Nagolds Oberbürgermeister Jürgen Großmann. Schließlich sei das Ländle "das" Mittelstandsland schlechthin. Bis dahin habe man aber auch so reichlich genug damit zu tun, die Anfragen interessierter Kommunen und Landkreise zur Aufnahme in die Gütegemeinschaft abzuarbeiten. Aufgaben, die das Duo Wüster und Großmann, aber auch zum Beispiel Bürgermeister Hagen Breitling, regelmäßig in ganz Deutschland wahrnehmen.

Gerade erst sei er selbst bei der IHK in München zu Gast gewesen, erzählt der OB, um auch dort die Idee des RAL-Gütesiegels für mittelstandsfreundliche Kommunen vorzustellen. Bisher ist Bayern ein "weißer Fleck" auf der Landkarte mit den RAL-Mitgliedskommunen. "Das wird sich aber sehr bald ändern", ist Großmann sicher.

Warum er sich als Nagolder Oberbürgermeister so aktiv für diese Arbeit engagiert: "Je erfolgreicher und bekannter diese Zertifizierung wird, desto mehr wird auch Nagold als Vorreiter dieser Bewegung profitieren." Denn immer steht irgendwie auch die glänzende Entwicklung von Nagold als ultimatives Beispiel für die Bedeutung der RAL-Zertifizierung da, wenn sich andere Kommunen über dieses Modell informierten. Und das trage zur Bekanntheit der Stadt und damit indirekt auch immer zur Attraktivität des Standorts für Unternehmen, aber auch etwa für Arbeitskräfte, bei.

Aber wofür steht die RAL-Gütegemeinschaft "Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung" nun eigentlich? Es gehe darum, wie eine kommunale Verwaltung mit mittelständischen Unternehmen im täglichen Verwaltungsablauf umgehe, wenn sich diese – mit welchem Anliegen auch immer – an die städtischen Ämter wenden. "Das hat naturgemäß meist immer auch was mit Baurecht zu tun", so Großmann – weshalb Herbert Wüster zum Beispiel ein "natürlicher" Experte für die Entwicklung solcher "kundenfreundlichen" Verwaltungsprozesse gewesen sei. Ziel sei es, "aktiver Problemlöser" für die anfragenden Unternehmen zu sein – der "Pfadfinder im Verwaltungsdschungel", wie Großmann es ausdrückt. Was aber andererseits für die Verwaltung auch ein "mordsmäßiges Geschäft" bedeutet – was meint: Der Aufwand für die Verwaltung wächst in dem Maße, wie man die (mittelständischen) Unternehmen und Unternehmer von deren "Bringschuld" etwa bei Bauanfragen oder ähnlichem entlaste. Aber warum sollte eine Kommune freiwillig solch einen gewaltigen Mehrwand tragen – nur damit Unternehmen es leichter bei einer Ansiedlung, einem Unternehmensausbau oder kompletten Neugründungen haben? "Die Wirtschaft, und bei uns die mittelständische Wirtschaft, ist die Grundlage von allem." Sagt der OB. Sie schaffe die Arbeitsplätze, schöpfe die Einkommensmöglichkeiten für die privaten Haushalte. Bringe Umsatz, Geld, damit Steuern, und so wiederum Möglichkeiten zum Auf- und Ausbau von Infrastruktur in die Stadt. "Wer an diesem Rad dreht, bringt das gesamte Gemeinwohl nach vorne."

Und die Entwicklung von Nagold in den vergangenen zehn, 15 Jahren belege den Erfolg dieser Strategie. Weshalb Jürgen Großmann auch genug Grund zum Feiern sieht für zehn Jahre RAL-Gütegemeinschaft "Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung". Voraussichtlich im Herbst dieses Jahres werde in Nagold deren Mitgliederversammlung abgehalten werden – je nach Teilnehmerzahl im Kubus oder der Stadthalle. "Dann werden wir natürlich auch richtig feiern!" Denn die Idee der Gemeinschaft sei weiterhin auf Erfolg programmiert. Selbst aus dem Ausland kämen mittlerweile Anfragen nach diesem "Qualitätskonzept" für Verwaltungsarbeit. "Wir befinden uns also auch dort aktiv auf einem Expansionskurs."