Aus der zurückhaltenden Erzählerin Ana Schlaegel wurde schnell ein feuriges Weib, das den Konstanzer Hans (Bernd Wengert) verdirbt. Foto: Trommer Foto: Schwarzwälder-Bote

Szenische Lesung "Die Welt ist voll von ungehenkten Galgenvögeln" von Uli Rothfuß im Boysen-Forum

Von Dorothee Trommer Nagold. Als Teil des Gesamtkunstwerks "Farben, Formen, Klänge, (T)Räume" erlebte Nagold im Friedrich-Boysen-Forum im Stadtpark Kleb die szenische Lesung "Die Welt ist voll von ungehenkten Galgenvögeln" von Uli Rothfuß.

Literaturprofessor Uli Rothfuß hat sich mit dem Thema Räuber und Ganoven, damals Jauner genannt, im 18. Jahrhundert im Südwesten befasst und die Biographie des "Konstanzer Hans" poetisch nachgezeichnet.

Das Räuberunwesen hatte seine soziologischen Wurzeln in der territorialstaatlichen Ständegesellschaft des Alten Reichs vor 1806. Ideal für Räuber und Betrüger waren die ausgedehnten Waldgebiete und die territoriale Zersplitterung. Rothfuß nennt die Menschen um Nagold und Herrenberg herum ein "besonders leichtgläubiges Volk", denn der "Konstanzer Hans" zog vor seinem Räuberleben von Ort zu Ort auf die Märkte, um Wundermittel zu verkaufen.

Besonderes Augenmerk legt die Darstellung des "Konstanzer Hans" auf seine Herkunft und die Ursachen seines Lebens als Räuber. Die Erkenntnisse des Sulzer Oberamtmannes Jacob Schäffer, der die Lebensgeschichten von vielen hundert "Jaunern" zu hören bekam und diesen gewissenhaft nachging, bilden die Grundlage. Bei seinen Urteilen berücksichtigte er auch unglückliche Umstände. So hört man im Stück von Uli Rothfuß über den Vater des Johann Baptist Herrenberger, dass dieser seinen Jungen nicht zur Schule schickte, sondern ihn betteln ließ – die Drohung mit dem Galgen wird dennoch drastisch dargestellt.

Der erste Kontakt zu Büchern fand natürlich bei einem Einbruch mit dem Kumpan "Schul-Toni" statt, der gern aus den friedlichen Schulen klaute. Die böse und wollüstige Frau in Gestalt der "Schleifer-Bärbel" tat ein Übriges, um den "Konstanzer Hans" zu verderben. Das geöffnete Haar und eine Drehung aus der Hüfte, und schon wurde aus der zurückhaltenden Erzählerin Ana Schlaegel ein feuriges Weib. Bernd Wengert, der den Konstanzer Hans darstellte, gab der Figur des "Konstanzer Hans" ihren tragischen Charakter. Musikalisch begleitet wurde das Stück von Tian Long Li aus China, der in Trossingen Musik studiert und mit seiner Mundharmonika den passenden Desperado-Touch dazu gab.

Auf der Bühne stand eine Skulptur von Lothar Hudy und Erika Kittel, ein Kunst-Objekt zum Thema "Raum". Die beiden Künstler wollen nicht nur ihre eigene Kunst präsentieren, sondern mit anderen Künsten verbinden, so wurden Literatur, Musik und Tanz in das Gesamtkunstwerk mit aufgenommen. Für das Theaterstück, ein Klangmosaik und eine Tanzaufführung fertigten die beiden Künstler eine individuelle Skulptur an.