Letzte Rangierfahrt am 27. Mai 1967 in Ebhausen. Foto: Motika Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Am 27. Mai 1967 fuhr der letzte Zug durchs Obere Nagoldtal

Vor 50 Jahren fuhr der letzte Zug von Altensteig nach Nagold. Was vor 125 Jahren mit Böllerschüssen begonnen hatte, ging am 27. Mai 1967 mit aus dem Packwagen winkenden Schülern des letzten Güterzuges zu Ende.

Nagold/Altensteig. Die Geschichte des so genannten "Altensteigerle" begann 1891 mit der Eröffnung der so sehnsüchtig erwarteten Schienenverbindung im Oberen Nagoldtal. 1967 endete das Kapitel dann endgültig.

Der Vorgang vollzog sich schleichend. Bei der Einstellung des Personenverkehrs fünf Jahre zuvor 1962 gab es noch einen Abschiedssonderzug, und nun wehten an den Bahnhöfen lediglich nochmals die bundesdeutschen DB-Flaggen und einige traurige Altensteiger, Bernecker und Ebhäuser Interessierte schauten wehmütig, wie das Zügle im Horizont der Geschichte verschwand – oder einfach dem Zug der Zeit folgte.

Da Ende des vorletzten Jahrhunderts Württemberg ein sparsames weil nicht begütertes Land war und der Schwarzwald vor allem wegen des einzigen Rohstoffs Holz erschlossen werden sollte, ging seinerzeit die Diskussion – wie häufig – hauptsächlich ums Geld. Da Schuldenmachen im Denken vorwiegend tabu war, die Mittel aber im öffentlichen Staatshaushalt sehr begrenzt zur Verfügung standen, entschied man sich im Oberen Nagoldtal erstmals, die Bahnkosten über eine schmale Spurweite niedrig zu halten. Man suchte einen Streckenverlauf ohne große Kunstbauten entlang des Tallaufs der Nagold und legte die Gleise in die Staatsstraße hinein.

Die DB konnte sich das Defizit der Nebenbahn nicht mehr länger leisten

Die Orte wurden damals überwiegend an ihren Randzonen tangiert und um Umladevorgänge zu ersparen, wurden Regelspurgüterwagen auf kleine schmale Rollschemelwagen aufgebockt von Nagold nach Altensteig – und zurück – gebracht. Die anfänglich oft eingesetzten Zweiwagenzüge haben sich zwischen den beiden Weltkriegen zu beachtlichen Langzügen für Personen- und Güterverkehr entwickelt. Die Entdeckung der persönlichen Mobilität nach dem 2. Weltkrieg führte von öffentlich geprägtem Reise- und Güterverkehr weg von der Bahn hin zum Individualverkehr. Weil viele durch das Wirtschaftswunder sich ein Auto leisten wollten, konnte die DB sich das Defizit der Nebenbahn nicht mehr länger aufladen. So verschwand im Schrott was einst Wohlstand zu der Region in Bewegung brachte.

Unser Bilderbogen zeigt die Startphase 1891 in Altensteig sowie Eindrücke von den letzten Fahrten am 30. September 1962 und am 27. Mai 1967 aus Berneck, Ebhausen, Nagold und vom Streckenabbau. Die kalt abgestellte Lok landete als Schlussakt am Güterbahnhof Nagold auf dem Abstellgleis.

Fragmente fanden zur Landesgartenschau 2012 nach Nagold und jetzt nach 50 Jahren auch zur Altensteiger Bahnhofstraße zurück. Sie erinnern als Denkmäler an die Bahn von einst. 125 Jahre nach der Eröffnung der Bahn gibt es wieder öffentliche Diskussionen über die Verkehrsinfrastruktur und Bahnanbindungen im Nordschwarzwald, die eine S-Bahn-Anbindung zum Ziel auch im Nagoldtal haben. Dazu posthum noch ein Gruß der sparsamen Altvorderen von 1891, die innerhalb von acht Monaten das Altensteigerle komplett neu gebaut und eingeweiht hatten.